Schön, schön, aber wer zahlt's?
Wenn alles gut geht, hat bis zum Sommer eine Kommission mögliche Standorte geprüft. Dann überzeugt Kunstminister Wolfgang Heubisch den „Landsturm” seines Koalitionspartners CSU, der Großprojekten in der Hauptstadt grundsätzlich misstraut. Der politische Beschluss um Weihnachten lässt eine breite Bürgerbewegung losbrechen, die ein Drittel der Baukosten für den neuen Konzertsaal einwirbt, der dann 2020 eröffnet wird.
Bei einer Podiumsdiskussion der „Süddeutschen Zeitung” im Hubert-Burda-Saal des Jüdischen Gemeindezentrums warb der FDP-Politiker mit ganzem Herzen für diese Vision. Tatsächlich wäre es konsequent, wenn der Freistaat nach den Museumsneubauten der vergangenen Jahre in den Konzertstandort München investieren würde. Allerdings dürften sich die Heubisch unterstellten Theater, Hochschulen und Museen wundern: Sie müssen wegen der Sparhaushalte jeden Cent umdrehen. Für dieses mindestens 100 Millionen Euro schwere Projekt soll plötzlich Geld da sein?
Heubisch ließ sich auf keinen Betrag festnageln und betonte, dass es ohne Sponsoren nicht gehe. Im übrigen: „Ohne die Bevölkerung können Sie ein solches Projekt nicht durchsetzen.” Der Unternehmensberater Roland Berger wies optimistisch darauf hin, dass es bei solchen Investitionen in die Infrastruktur regelmäßig einen „dreifachen Return” gäbe. Hans Robert Rö-thel vom Verein Konzertsaal München schwärmte von der Zugkraft eines Neubaus, der mehr Besucher und internationale Gastorchester locken könnte, der Dirigent Mariss Jansons warnte vor dem Gesichtsverlust Münchens, sollte es keinen neuen Saal geben.
Die seit sieben Jahren ergebnislos glimmende Debatte wurde durch den Intendantenwechsel beim Bayerischen Rundfunk angefacht. Dessen Symphonieorchester würde vom Neubau am meisten profitieren. Im Gegensatz zu Thomas Gruber, der 2004 das Zweit-Orchester des Senders einsparen wollte, fühlt sich sein Nachfolger Ulrich Wilhelm stärker dem öffentlich-rechtlichen Kulturauftrag verpflichtet. Er bekannte sich in der Diskussion zu dem Projekt. Der Sender darf aus rechtlichen Gründen nicht selbst bauen, könnte durch Mietvorauszahlungen rund 25 Millionen beisteuern.
Nicht mal die Dirigenten sind sich einig
Als Spielverderber war Christian Ude engagiert. Er verteilte bereits beim Betreten des Saales an alle Interessierten sein neues Kompromiss-Papier. Es wirbt für einen Umbau des Gasteigs, weil die Stadt bis 2030 mindestens 86 Millionen an Leasing-Raten und weiteren Kosten in den Ziegelkasten am Isarhochufer stecken muss. Für weitere 70 Millionen könnte der Saal für eine gemeinsame Nutzung durch die Philharmoniker und das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks optimiert werden. Um die Planung zu entzerren, könnte das Orchester der Stadt einzelne Konzerte in den Herkulessaal verlegen.
Für und wider diese schon praktizierte Doppelnutzung gibt es Gutachten und Gegengutachten, über die bei der Podiumsdiskussion keine Klarheit erzielt wurde. Mariss Jansons hält eine Optimierung des Gasteigs für rausgeschmissenes Geld, seine (abwesenden) Kollegen Christian Thielemann und Lorin Maazel sind gegenteiliger Meinung. Eine Stadtratsmehrheit für den Großumbau scheint übrigens ebenso ungewiss wie die Zustimmung des Landtags für einen staatlichen Neubau.
Gegner und Befürworter haben bis zum Sommer einiges zu klären. Heubisch brachte bald leerstehende Justizgebäude an der Nymphenburger Straße als Bauplatz neu ins Gespräch, während Ude alle Bauplätze schlecht redete. Beim Apothekenhof, den der Sänger Christian Gerhaher am Beginn der Diskussion wegen der Nähe zu den Staatstheatern favorisierte, prophezeihte der OB einen „Aufstand des Bildungsbürgertums” wegen der Residenz-Verschandelung.
Darüber wird in den nächsten Wochen zu reden sein. Die schlechteste aller Lösungen wäre ein Neubau ohne gleichzeitigen Gasteig-Umbau. Dann säßen die Philharmoniker in der Akustik-Falle. Und wer weiß, ob ein Wirtschaftseinbruch nach dem Atom-Tsunami nicht alle Planungen umwirft.
BR Alpha sendet die Diskussion am 19.3. um 22.30 Uhr