Ohne Neugierde geplappert

Nach vier Monaten beendet die ARD heute die Vorabendshow „Gottschalk live“ wegen Fußball einen Tag früher als geplant
Robert Braunmüller |
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Mir fehlt die journalistische Neugier, die Fähigkeit, in andere Menschen reinkriechen zu können, und die Chuzpe“, sagte Thomas Gottschalk im Mai vor Berliner Studenten. „Ich bewundere Menschen, die Wissbegier haben oder heucheln, ich hab’ sie nicht.“

Klarer lässt sich das Problem von „Gottschalk live“ eigentlich nicht benennen. Der 62-Jährige hätte selbst wissen müssen, dass ihm eine Vorabendshow mit Gästen nicht liegt. Auch die ARD-Gewaltigen waren blind in ihrer Freude, den Moderator endlich beim ZDF abgeworben zu haben. Sie hätten sich nur einmal mit offenen Augen „Wetten, dass?“ im ZDF anschauen müssen: Kein Mensch hat diese Show jemals wegen der Gespräche Gottschalks mit den Stars eingeschaltet. Die waren immer die Verzögerung zwischen den Höhepunkten, vom Zuschauer genutzt zum Bierholen oder für noch trivialere Verrichtungen.

„Gottschalk live“ startete am 23. Januar mit viel Trara und schlechten Kritiken. Auch nach Änderungen im Konzept erreichte die Sendung nie den angestrebten Marktanteil von zehn Prozent am hart umkämpften Vorabend. Sie dümpelte bei drei bis vier Prozent dahin. Gottschalk hat durchblicken lassen, dass er nicht alleine Herr der Entscheidungen war. Ihm seien Leute als Gäste vorgesetzt worden, die er nicht gewollt habe, klagte er den Studenten.

Eigentlich sollte die Show erst am Donnerstag abgesetzt werden, doch ein Bericht aus dem EM-Quartier der deutschen Nationalmannschaft sorgt für ein vorzeitiges Aus bereits am heutigen Mittwoch. Anscheinend wurde Gottschalk über die Entscheidung nicht persönlich durch die ARD-Führungsebene informiert. „Angerufen hat mich niemand, aber es wäre auch das erste Mal, dass die ARD mit einer Stimme gesprochen hätte“, wird der Moderator zitiert, der in seinen öffentlichen Äußerungen zwischen selbstkritischer Klarheit und wehleidiger Gremienkritik hin- und herschwankt.
„Jetzt hab’ ich die Fresse voll bekommen“, kommentierte er die Kritik und das geringe Zuschauerinteresse an seiner Sendung. Er habe die Schwierigkeiten des Unterfangens unterschätzt und bei den Proben merken müssen, dass es nicht klappt.

Selbst sein nerviges Laster, bei Fragen die Antworten gleich mitzuliefern, ist ihm bewusst: „Das ist in der Tat eine Unart von mir“, gab Gottschalk gegenüber den Studenten in der Mensa der Berliner Humboldt-Universität zu. Er ist sehenden Auges in die Pleite gelaufen. Nur warum?
 

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