Interview

Risto Joost über sein Debüt beim Bayerischen Staatsorchester: "Die Seelen reinigen"

Im Interview mit der Abendzeitung spricht Risto Joost über das Sibelius-Konzert, das er mit dem Bayerischen Staatsorchester heute Abend spielt.
Robert Braunmüller
Robert Braunmüller
|
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Der Dirgent Risto Joost im Gespräch mit den Harfenistinnen des Bayerischen Staatsorchesters.
Der Dirgent Risto Joost im Gespräch mit den Harfenistinnen des Bayerischen Staatsorchesters. © Wilfried Hösl

Erst kam dem Bayerischen Staatsorchester der Dirigent Yuri Simonov abhanden, dann musste der Geiger Alexander Rozhdestvensky aus gesundheitlichen Gründen absagen. Für ihn springt der 22-jährige Johan Dalene ein. Statt des ursprünglich vorgesehenen Violinkonzerts von Alexander Glasunow spielt er das Sibelius-Konzert. Die musikalische Leitung übernimmt Risto Joost. Das übrige Programm mit Nicolai Rimski-Korsakows "Sadko" und Modest Mussorgskis "Bilder einer Ausstellung" in der Orchesterfassung von Maurice Ravel bleibt unverändert.

AZ: Herr Joost, ist es schwierig, kurzfristig ein solches Konzert zu übernehmen?
RISTO JOOST: Ja und nein. Im Dirigentenzimmer des Nationaltheaters hängen Bilder von Georg Solti, Zubin Mehta und anderen berühmten Generalmusikdirektoren der Staatsoper. Das Bayerische Staatsorchester hat eine 500-jährige Geschichte und ein starkes Profil. Das entsteht nur, wenn die Musiker stets das Beste geben. Und das habe ich bei der ersten Probe gespürt, die ich sehr inspirierend fand.

Lesen Sie auch

Sie sind, ehe Sie zum Dirigenten wurden, auch als Countertenor aufgetreten.
Obwohl ich auch Klavier und Klarinette gespielt habe, war die Stimme immer mein Hauptinstrument. Im Estonian National Boys Choir gab es in Anlehnung an die britische Chor-Tradition auch Countertenöre. Ich bin auch in modernen und barocken Werken auf der Bühne gestanden - etwa in Purcells "Indian Queen". Später habe ich dann Chor- und Orchesterdirigieren studiert.

Vom Countertenor zum Dirigenten

Sie sind ein Schüler von Jorma Panula, bei dem Dirigenten wie Esa-Pekka Salonen, Mikko Franck oder Klaus Mäkel studiert haben. Warum ist Panula als Lehrer so erfolgreich?
Man lernt bei ihm vor allem Leidenschaft für Musik. Es ist wichtig, bei Proben nicht viel zu reden, sondern zu zeigen, was man möchte. Es geht darum, beim Dirigieren eine starke persönliche Sicht auf die Musik zu entwickeln und gleichzeitig den Willen des Komponisten umzusetzen - verbunden mit Respekt vor dem einzelnen Musiker im Orchester und seinem Instrument.

Lesen Sie auch

Ursprünglich hätten Sie ein rein russisches Programm dirigiert.
Ich fand Yuri Simonows Programmidee mit Werken aus dem Umfeld der russischen Komponistengruppe "Das mächtige Häuflein" sehr interessant. Modest Mussorgsky und Nikolai Rimsky-Korsakow sind seine wichtigsten Vertreter. Alexander Glasunow, dessen Violinkonzert ursprünglich auf dem Programm stand, war ein Schüler Rimsky-Korsakows. Sein Konzert wird außerdem selten gespielt.

Aber Sibelius passt auch sehr gut. Der Geiger Johann Dalene bekam einen Opus Klassik für seine Einspielung dieses Werks - das Konzert im Nationaltheater ist eine gute Gelegenheit, diesen jungen Solisten kennenzulernen. Und auch bei Sibelius gibt es russische Einflüsse.

Joost: "Sibelius passt auch sehr gut"

Ist Rimski-Korsakows symphonische Dichtung "Sadko" eine Suite aus der gleichnamigen Oper?
Nein, umgekehrt: Das "musikalische Gemälde" entstand vor der Oper, hat mit ihr aber einige musikalische Motive gemeinsam.

Lesen Sie auch

Im Moment kann das Dirigieren russischer Musik ein Bekenntnis sein. Ist das auch bei Ihnen so?
Ich verstehe, dass russische Musik im Moment besondere Emotionen auslöst. So lange ein Künstler das russische Regime nicht offen unterstützt, bleiben Kunst und Politik zwei verschiedene Dinge. Die Welt ist kompliziert genug. Auch Rimski-Korsakow hatte Probleme mit der zaristischen Regierung. Er galt als Liberaler und wurde nach der Revolution von 1905 als Kompositonsprofessor am Konservatorium entlassen. Mussorgskis "Bilder einer Ausstellung", die mit dem "Großen Tor von Kiew" enden, sind ein Brückenschlag zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Unsere Botschaft sollte sein, dass Kunst und Musik dem Frieden dienen und nichts anderem. Daher finde ich es im Moment richtig, Rimski-Korsakow und Mussorgski zu spielen, um unsere Seelen zu reinigen.


Nationaltheater,  1. November (19 Uhr). Restkarten (5 bis 53 Euro) an der Abendkasse

  • Themen:
Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.