Haydn und Schostakowitsch unter Pablo Heras-Casado im Herkulessaal
Wer verdient bei diesem Konzert im Herkulessaal mehr Lob? Die phänomenale Cellistin Alisa Weilerstein? Vielleicht doch der energische Dirigent Pablo Heras-Casado? Oder das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks?
Beginnen wir von vorn. Am Anfang stand Joseph Haydns Symphonie Nr. 50, gespielt mit Charme, aber auch jener sanften Kratzbürstigkeit, die bei dieser Musik dazugehört. Das Orchester glänzte im historisch informierten Stil: Die Streicher verzichteten auf Vibrato, der Dirigent betonte die Gegensätze, ohne die Schroffheit zum Selbstzweck zu machen. So brillant und vital interpretierte Haydn-Symphonien würde man gern öfter hören.
Dann kam die Cellistin. Sie nahm sich Dmitri Schostakowitschs Konzert Nr. 2 vor. Die Solistin ist da im Dauereinsatz. Auf eine grüblerische Klage folgen zwei groteske Sätze: Die Kadenz wird mit einer Fanfare wie im Zirkus angekündigt, und während des Solos raschelt das Tamburin wie ein Trommelwirbel.
Alisa Weilerstein nuschelt nicht auf dem Cello, wie es viele berühmte Virtuosen dieses Instruments tun. Die 33-jährige Amerikanerin spielt unglaublich klar und kraftvoll. Sie setzt Schostakowitsch unter Starkstrom und interpretiert ihn weniger als Bekenntnis, sondern als großartige, hochvirtuose Musik.
Nach der Pause die Neunte von Schostakowitsch. Sie entzieht sich als Burleske mit tragischen Momenten allen Klischees, die sich mit dieser Symphonien-Nummer verbinden. Das Orchester agierte mal geschmeidig, dann wieder explosiv und federnd.
Heras-Casado inszenierte den finsteren Einbruch im kurzen vierten Satz so wirkungsvoll wie bewegend. Dann ließ er die Musik im Finale noch einmal Grimassen schneiden. Am Ende grobe Lustigkeit: so muss ein Oktoberfest im Himmel sein.
An guten Schostakowitsch-Aufführungen herrscht in München eigentlich kein Mangel. Diese aber war wirklich herausragend.