"Nie an alten Sachen festgehangen" – Ringlstetter erklärt seinen Ausstieg beim BR
Nachdem die letzte Folge seiner Sendung im BR am 22. Mai gesendet sein wird, zieht es Hannes Ringlstetter wieder zurück auf die Bühne. Seine neue Freiheit feiert er mit einem Doppelkonzert im Circus Krone, bei dem er nur von seinem Gitarristen Jochen Goricnik begleitet wird. Aber Pläne für die Zukunft hat Hannes Ringlstetter natürlich auch, wie er der AZ erzählt.
AZ: Herr Ringlstetter, am 22. Mai moderieren Sie zum letzten Mal Ihre Late-Night-Show im Bayerischen Rundfunk. Nach neun Jahren und 250 Sendungen wird Schluss sein - zählen Sie schon die Tage runter?
HANNES RINGLSTETTER: Das wäre falsch, denn das geht gar nicht, jedenfalls nicht in meiner Welt. Bei den letzten Aufzeichnungen waren alle so mit Wehmut beschäftigt - aber ich will einfach die Sendungen gut machen! Ich will es gut zu Ende bringen, bin aber überzeugt, dass die Entscheidung richtig war.

Die finale Show wird anders sein als die zuvor: länger, mehr Gäste, mehr Musik, ein gemütliches Sofa, ein "Best of" - dann aber Wehmut?
Ich hab' kein Problem mit dem Aufhören. Ich hab' ein Problem mit Sachen weiter machen müssen, obwohl man merkt, dass die Luft dünner wird. Ich glaube, dass nach dem Aufhören der nächste Schritt kommt. Das habe ich immer so gemacht: nie an alten Sachen festgehangen. Diese Grundangst, die man hatte, dass man verhungert, wenn etwas nicht weitergeht, die habe ich nicht mehr. Ich werde 55 – jetzt kann man es mal ein bisschen gemütlicher angehen lassen. Muss ich auch. Die letzten zehn Jahre waren vom Aufwand her absurd. Für Leute, die von der Bühne kommen, ist eine Fernsehsendung immer eine Premiere. Das ist maximaler Druck, abgesehen davon, dass es Quoten gibt. Und Gäste-Absagen und zwei Jahre Corona mit 40 Sendungen ohne Publikum. Was da alles war!
Hätten Sie sich am Anfang nicht träumen lassen, dass es so lange gehen würde, oder?
Gerade am Anfang gar nicht! Da waren wir quasi schon wieder weg.
So schlechte Quoten?
Die erste Sendung mit Christian Tramitz und Ina Müller lief gut, aber danach war ein halbes Jahr lang große Dürre, totale Katastrophe. Aber dann hat der damalige Fernsehdirektor Reinhard Scolik gesagt, wir sollen jetzt ein Jahr lang in Ruhe arbeiten und das Format entwickeln. Das war außergewöhnlich. Erst nach einem Dreivierteljahr wussten wir, was wir falsch machen.
"Das vernichtet jetzt meine Karriere"
Was war das?
Inhaltlich: Vor uns kamen "quer" und der Kabarett-Sendeplatz - da waren alle tagespolitischen Witze und Satiren schon gemacht. Und dann kam ich und hatte 20 Minuten Stand-up vorbereitet! Zudem hatten wir keine Ahnung von Umschalt-Zeitpunkten. Wir lernten: Wenn um 22.15 Uhr das "heute journal" vorbei ist, zappen die Leute herum - spätestens dann musste also unser Gast da sein! Es war tatsächlich so einfach. Über Jahre habe ich zudem für den Musikplatz am Ende der Sendung gekämpft, und trotz aller Unkenrufe hat das gut funktioniert. Erst nach einem Jahr hatten wir die Sendung so, wie sie gehörte. Am Anfang dachte ich wirklich: "Das vernichtet jetzt meine Karriere."
Ab wann ging es aufwärts?
Mit Corona ist es explodiert. Die Leute waren zuhause, haben sich nach etwas Menschenfreundlichem gesehnt. Von Corona-Tag eins an - und darauf bin ich wirklich stolz - habe ich gesagt: nicht in populistische Themenfallen treten! Corona ist eh immer überall, wir machen die coronafreie Zone, die Oase, in der die Welt noch in Ordnung ist.
Das fanden die Leute super.
Für uns war es zunächst furchtbar viel Arbeit, weil man doppelt so viel Material brauchte - weil es kein Publikum gab, das reagiert hat. Aber dann habe ich mich so an dieses leere Studio und das In-Ruhe-Arbeiten gewöhnt, dass ich es total schräg fand, als die Zuschauer wieder da waren und Alarm gemacht haben. Der Corona-Erfolg blieb uns dann weitgehend.
Künftig ist wieder die große Freiheit angesagt, der Fernsehstress ist am 22. Mai zu Ende - drei Tage später stehen Sie solo auf der Bühne, in Windischeschenbach.
Ich war echt lange nicht mehr auf der Bühne, im Januar mit Schmidbauer/Kälberer. Davor: vielleicht 40 Mal im Jahr - da lachen sich andere Kollegen kaputt. Jahrelang hatte ich große Teams mit unfassbar viel Verantwortung geschippert: 50 Leute für die TV-Show und nochmal 20 Leute für die Band und die ganze Firma. Ich freue mich, mich einfach mit meinem Gitarristen Jochen Goricnik hinzuhocken und zu spielen. Und ich freue mich auf meine beiden Shows im Circus Krone. Das wird eine schöne Mischung aus Musik und Geschichten.
Eine richtige Tour wird das nicht, oder?
Nein. Ich mag diesen Wechsel von in der Stille und ohne Öffentlichkeit arbeiten, dann wieder raus und etwas herzeigen. Das finde ich "altersgerecht".

Ihr Terminkalender auf der Website endet Mitte September. Hatten Sie auch lange nicht mehr.
Und das habe ich schon vor zwei Jahren entschieden! In unserem Job musst du lange im Voraus wissen, wann du schwach bist. Sonst läuft die Maschine immer weiter. Ich bin ja auch ständig zwischen Etwas-machen-wollen und Meine-Ruhe-haben-wollen. Es muss einfach mal ein halbes Jahr her, in dem ich wirklich zur Ruhe komme. Der kreative Prozess wird irgendwann von selber losgehen…
"Man muss akzeptieren, dass man keine 20 mehr ist."
Keine konkreten Pläne?
Doch. Es wird Ende nächsten Jahr eine neue Platte geben, und mit Stephan Zinner basteln wir uns entspannt für April 2026 einen neuen Duo-Abend. Und im Jahr darauf gibt's eine Tour mit der Band. Das ist jetzt mal der Plan. Aber wer weiß, was in einem Jahr ist? Sich im Kopf flexibler zu machen, finde ich immer wichtiger. Aber in diese Freiheit zu kommen, das hat sich bei mir jetzt schon zugespitzt. Ich dachte mir: Mit 19, 20 bist du losgezogen, um ein freier Gaukler zu sein - und steckst mit Anfang 50 mehr in einer Maschine als jeder Siemens-Manager. Andererseits ist es auch normal, dass man sich im Leben zehn Jahre lang ausbeutet und richtig Gas gibt. Aber ich merke: Man muss akzeptieren, dass man keine 20 mehr ist. Und kommst du damit klar, dass du nicht mehr so oft im Fernsehen bist? Wenn irgendwann eher die 800er- statt der 2000er-Halle gebucht werden muss - was passiert dann mit dir? Dem muss man sich stellen. Es ist mir unbegreiflich, wie man immer das Gleiche weiter machen kann - es passiert ja etwas in deinem Leben. Es ändert sich die Energie, die Sicht, vielleicht auch die Kunstform.
Sie haben vor einem Jahr mit dem Podcast "Ringlstetter's Rendezvous" ein neues Feld aufgetan.
Da habe ich einen Vorteil: Man kennt das Gesicht schon. Podcast ist immer am besten, wenn man das Gesicht kennt, aber nicht sehen muss. Denn dann konzentriert man sich auf das Gespräch. Ich mag diese Tätigkeit. Fernsehen ist schnell, laut, in 45 Minuten müssen drei Formen reinpassen: lustiges Stand-up, gutes Gespräch und noch Musik - das sind eigentlich drei verschiedene Abende.
"Heute gäbe es für das Konzept eine Watschn"
Der BR sagt, man überlege, inwiefern man Sie künftig einbinden könne. Sie gehen nicht im Unfrieden.
Überhaupt nicht. Das muss ich auch nochmal sagen: Caro Matzko und ich haben beide gesagt, dass wir aufhören. Der Sender war natürlich unglücklich darüber, aber ganz weg bin ich nicht, es wird sicher Best ofs geben. Caro hat ein Buch geschrieben, das im Oktober erscheint, macht Hörfunk, moderiert, hält Vorträge, geht jetzt einen anderen Weg. Auf Dauer war das ja auch kein glücklicher Zustand: ein Typ, der gutsherrenartig in der Mitte thront, und die Lady hockt daneben am Katzentisch. Das war so gelernt, und wir waren beide fein damit, aber das ist im Jahr 2025 auch auserzählt. Würde man jetzt mit diesem Konzept kommen, gäbe es schon an der Eingangstür eine Watschn, zu recht.
Vielleicht bringen Sie aus Ihrer kreativen Pause die Idee für eine neue Sendung mit…
Was ich weiß: Ich mache nichts mehr, wo mein Name draufsteht, also eine Sendung, bei der alles auf dich einzahlt, positiv wie negativ. Eine Sendung moderieren? Kann ich mir gut vorstellen. Etwas im Doku-Style machen? Kann ich mir super vorstellen. Aber ich bin mir sicher, da wird was kommen.
Sogar Ihre Homepage heißt ringlstetter.tv.
Weil irgendein Architekt mir die Domain weggeschnappt hat. Der war sogar mal feixend im Vereinsheim.
Wie wird nach der letzten Sendung gefeiert?
Vor fünf Jahren hatte ich meinen Fünfzigsten - und es war Sendung an dem Tag, während Corona. Damals hatte Lucki Maurer im Hof vor dem Studio fett aufgegrillt - und das hab' ich mir noch einmal gewünscht. Christian Tramitz kommt und mein Lieblings-Moderatorenkollege Jörg Pilawa. Und es gibt Überraschungen, was mir natürlich Angst macht. Stand jetzt habe ich keine Wehmut. Ich bin eher stolz, dass ich das nicht übersehen habe, bevor es krampfig oder falsch oder zu viel wird. Wie oft ich über andere gehört habe: ‚Jetzt ist der immer noch da. Warum hört der denn nicht auf?' Grauenvoll.
Und nach den Auftritten im Circus Krone?
Fahre ich erst mal nach Italien - und weiß nicht, wann ich wieder heimfahre. Wenn mich jemand fragt, werd' ich sagen: Vielleicht morgen, vielleicht nächste Woche, keine Ahnung. Das hatte ich zuletzt nach dem Abi. Darauf freue ich mich.
Hannes Ringlstetter "solo" am 4. und 5. Juni 2025 im Circus Krone