Farce und Trauerspiel
Mehr als zehn Jahre debattiert München schon über den Neubau eines Konzertsaals. Er könnte das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks von der Gasteig-Akustik erlösen. Leider wird dieses Projekt einer Allianz-Arena der Musik recht ungeschickt betrieben – wie zuletzt am Montag, als sich organisierte Konzertsaal-Freunde mit dem Kunstminister stritten.
Wolfgang Heubisch stellte dem Verein Konzertsaal München e.V. und den Freunden des Symphonieorchesters die Ergebnisse einer Machbarkeitsstudie vor. Der Minister favorisiert den Um- oder Neubau des Kongresssaals am Deutschen Museum, der zugleich ein städtebauliches Problem lösen würde: Denn schön ist das Entreé in die Stadt an der Ludwigsbrücke wahrlich kaum zu nennen.
Heubisch spielte die Frage des Denkmalschutzes ebenso herunter wie die Gegnerschaft im Deutschen Museum. Doch das sind Fragen, die im Prinzip lösbar sind, wenn der politische Wille nach der Landtagswahl weiter existiert.
Und wie reagierten die Freunde? Eher sauer. Eine lautstarke Mehrheit will keine Isarphilharmonie. Fast alle Damen und Herren, die sich zu Wort meldeten, wollen einen Neubau zwischen dem Prinz-Carl-Palais und dem Landwirtschaftsministerium.
Immer, wenn vom Finanzgarten die Rede war, brandete starker Applaus auf. Leider ist dieses Anhängsel des Englischen Gartens ist ein Landschaftsschutzgebiet, worauf Heubisch mehrfach hinwies.
Kein Politiker mit Verstand wird nach Stuttgart 21 Bäume für einen Konzertsaal fällen wollen, und sei es auch nur in einem Eck des Geländes. Leider wollten die Konzertsaalfreunde das nicht hören. Einzelne betonten, wie unaufgeräumt und unkontrolliert bewachsen dieser Garten sei.
Dass gerade dies der Charme dieses verwunschenen Orts mitten in der Stadt sei, kam den Kleingärtnern nicht in den Sinn. Selbst wenn nur der Parkplatz des Landwirtschaftsministeriums bebaut werden sollte, reicht der Platz hinten und vorn nicht für die Nebenräume eines heutigen Konzertsaals. Und Besucher aus der Region werden ihr Auto am Odeonsplatz so schlecht los wie an der Ludwigsbrücke.
Ein Neubau am Deutschen Museum hätte dafür aber den Charme einer Zusammenführung von Musik und Naturwissenschaft. Und ein mehrfach nutzbares Kongresszentrum nach Luzerner Vorbild bekommt leichter eine gesellschaftliche Mehrheit als ein hochspezialisierter Saal für Musik des 19. Jahrhunderts, dem unvermeidlich das Etikett „elitär“ aufgeklebt wird.
Der Konzertsaal bräuchte eine breite bürgerschaftliche Bewegung – wie einst bei der Pinakothek der Moderne. Davon sind die organisierten Fans weit entfernt. Und so werden wohl der Staat und seine Verwaltung richten müssen, was der Bürgersinn nicht zusammenbringt. Ein Trauerspiel.