Interview

Einfach leben wie Patti Smith

Malva, eine Münchner Entdeckung, präsentiert ihr Debütalbum bei "Munich Rocks" im Ampere. "Das Grell in meinem Kopf" erscheint bei Trikont.
Dominik Petzold
|
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Malva hat immer ein Notizbuch dabei.
Malva hat immer ein Notizbuch dabei. © Claudia Sobe

Am Donnerstag feiert sie das Release-Konzert ihres Debütalbums, am Freitag wird es bei Trikont veröffentlicht - doch schon lange vorher war ihr Name in aller Münchner Munde: Malva. Schließlich hatten im Sommer Institutionen wie die Monacensia, das Volkstheater oder Optimal Records die 20-Jährige zu Konzerten eingeladen.

"Das Grell in meinem Kopf" bietet nun schöne zarte Songs im Retro-Sound, irgendwo zwischen Pop, Indie und Chanson. Das Album verbindet Melancholie und Leichtigkeit, verströmt das unbedingt romantische Lebensgefühl einer jungen Frau - und enthält mit "Pieces And Shards" und "Kandierter Kummer" zwei echte Knüller.

AZ: Malva, Sie haben das Album mit dem ebenfalls 20-jährigen Multiinstrumentalisten und Produzenten Quirin Ebnet aufgenommen. Wie haben Sie zueinandergefunden?
MALVA: Quirin hat mich auf Soundcloud entdeckt, wir haben uns über Instagram geschrieben und dann für ein Konzert von Jesper Munk verabredet, wir sind beide große Fans. Wir waren zwei Jahre nur befreundet und haben dann gesagt: Wir machen beide Musik - wieso nicht zusammen?

Auf dem Album sind auch zwei deutschsprachige Gedichte zu hören

Songs wie "Second Floor" oder "Middle Of Nowhere" haben Sie schon mit 15 geschrieben.
Die englischen Songs kamen zuerst, als letztes die deutschen. Ich schreibe jeden Tag, sei es Gedichte, sei es Tagebuch, ich habe immer ein Notizbuch dabei. Aber ich habe nie gedacht, dass ich das verknüpfe und auf Deutsch singe. Das habe ich dann beim "Kandierten Kummer" probiert.

Lesen Sie auch

Lesen Sie auch

Auf dem Album sind auch zwei deutschsprachige Gedichte zu hören. War da Mut nötig?
Ein bisschen. Auch mit deutschen Songs macht man sich auf andere Art verletzlich. Beim Englischen hören die Leute nicht so hin. Als ich zum ersten Mal den "Kandierten Kummer" aufgeführt habe, hatte ich Angst, dachte mir: Das ist meine Traurigkeit, meine Melancholie. Aber wenn man dann Resonanz bekommt von Leuten, die sagen, dass sie das kennen, fühlt sich das gut an. Gedichte haben wir live noch nie gemacht. Beim Release-Konzert werden wir das auch nicht machen, weil danach zwei Bands kommen und wir nicht so viel Zeit haben. Aber es wird noch eine Malva-Show geben, und da machen wir es auf jeden Fall. Ich finde es spannend, wenn sich alles vermischt.

Womit wir bei Patti Smith wären, die Sie bewundern.
Sie ist mein größtes Vorbild. Ich schreibe manchmal darüber, wie es wäre, wenn wir uns einmal die Woche treffen würden und ich ihr einfach erzählen könnte, was bei mir gerade so passiert. Manchmal frage ich mich: Was würde Patti jetzt in dem Moment tun?

Liebeskummer kann sehr produktiv wirken

Wie fing die Begeisterung an?
Ich habe ihre Autobiografie gelesen und ihren Lifestyle bewundert. Sie macht Musik, fotografiert, filmt, schreibt, spielt Theater. Ich habe mir gedacht: Das will ich auch, das ist die Art, wie ich gern leben würde.

In Ihrem Pressetext ist auch von einem "gesamtkünstlerischen Lebensentwurf" die Rede. Was können wir uns darunter vorstellen?
Ich wache morgens auf und schreibe, meistens in einem Café. Da hole ich mein Tagebuch raus und schreibe erst mal drei Seiten. Danach ist mein Kopf freier. Ich spiele jeden Tag Gitarre, ich habe meinen Camcorder immer dabei. Wenn ich zwei, drei Tage nichts schreibe, dann ist im Kopf viel mehr Chaos.

Was beschäftigt Sie zurzeit?
Liebeskummer. Der ist auf gewisse Weise sehr produktiv. Es ist viel leichter, traurige Songs zu schreiben. Ich will es aber nicht so machen wie Taylor Swift, die jeden Song einem anderen Mann gewidmet hat.

Wer hat Sie ursprünglich inspiriert, Songs zu schreiben?
Das größte Vorbild war Dodie aus England. Sie hat mit 16 einen Youtube-Channel gestartet und ihre Songs mit Ukulele aufgenommen. Ich habe mir zu Weihnachten eine Ukulele gewünscht, vorher habe ich mit Klavier angefangen, aber nicht geübt. Ich fand nur die Lehrerin so nett. Aber es war nicht das richtige Instrument, um mich zu begleiten.

Sie machen auch Fotos und Videos - auch zu ihren Songs?
Ja, das Video zu "Second Floor" habe ich in meinem Wohnzimmer aufgenommen. Da habe ich grünes Kreppband um meinen Körper gewickelt und darauf Videos projiziert. Fotos mache ich mit einer alten Leica.

Malva gehört zu der Generation, die durch Corona voll ausgebremst wurde

Wo entwickeln Sie die analogen Bilder?
Das klingt nicht so cool: bei dm. Ich gebe meinen Film ab und lasse ihn digitalisieren.

Worin liegt dann der Reiz, analog zu fotografieren?
Man sieht etwas, macht ein Foto - und muss sich gedulden. Manchmal arbeite ich auch mit abgelaufenen Filmen, und dann ist es richtig spannend, was passiert.

Sie haben 2020 Corona-Abi gemacht, gehören zu der Generation, die von der Pandemie voll ausgebremst wurde. Schlimm?
Nach dem Abi wollte ich reisen, wollte meine 18 Jahre auskosten und spüren, dass ich jung bin - und dann habe ich ein Jahr nur in meinem Zimmer verbracht. Dafür habe ich mich dann mit Quirin eingesperrt und dieses Album aufgenommen. Außerdem habe ich ein paar Praktika im graphischen Bereich gemacht. Ich wurde an einer Berliner Fotoschule genommen und der Plan war, ab März dort zu studieren, aber damals war ich total verliebt und dachte, ich verschiebe das auf den Herbst - und dann kamen der Plattenvertrag und eine Trennung. Und im Sommer ging es dann rasant und die Nachfrage war plötzlich da.

"Ich hatte im letzten Jahr den Drang: Hauptsache weg"

Setzen Sie jetzt voll auf Musik oder gibt es andere Pläne?
Ich jobbe nebenher, und vielleicht mache ich im Winter eine Mappe mit Fotos und Videos, um mich auf ein paar Unis zu bewerben, für Design, Fotografie oder Bewegtbild.

Aber das hängt vom weiteren Erfolg Ihrer Musik ab, oder?
Ja, und auch davon, ob ich in München bleibe. Ich hatte im letzten Jahr den Drang: Hauptsache weg. Aber jetzt habe ich hier meine Band und meine besten Freunde, und ich habe gemerkt, dass ich es ohne die gar nicht aushalte. Aber vielleicht wechsele ich nächstes Jahr nach Leipzig.

Wieso ausgerechnet Leipzig?
Ich fahre manchmal allein für eine Woche weg, mit meinem Tagebuch und meiner Gitarre, miete mir ein Airbnb, schaue mir eine Stadt an und gucke: Wie gefällt's mir, wie fühle ich mich? Ich war total überrascht, wie glücklich ich war, wie gut es mir ging, wie offen die Stadt war, wie schön.


"Das Grell in meinem Kopf" erscheint am Freitag bei Trikont. Das Release-Konzert ist am Donnerstag bei "Munich Rocks" im Ampere, 20.30 Uhr, Eintritt frei

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.