Pink-Konzert in München: Sängerin verschreckt Mini-Fan – andere lassen sich Autogramm tätowieren
München – Eigentlich überspannt das ikonische Zeltdach Münchens schönste Sportstätte. Für zwei Abende verwandelte sich das Olympiastadion aber in das außergewöhnlichste Zirkuszelt der Welt. Beim ersten Pink-Konzert in München dirigierte die sportlich-stimmgewaltige Zirkusdirektorin eine wilde Pop-Rock-Party. "Das ist der größte Ort, den ich je gesehen habe und ich war schon mal hier", rief sie den 60.000 Fans zu. Am Donnerstag gibt es die zweite Vorführung.
Ausgelassene Stimmung kombiniert mit nachdenklichen Songs, unzähligen Outfit-Wechseln und hochklassiger Artistik rissen am Ende alle von den Sitzen, egal ob Loge oder Sperrsitz. Sehr verehrtes Publikum, hereinspaziert in den kunterbunten Musik-Zirkus von Pink. Zwei Stunden zeigte sie musikalische und artistische Höchstleistungen. Die AZ hat den Star in der Manege beobachtet.

Das Pink-Konzert in München beginnt kopfüber am Bungee-Seil
Manchmal wusste man gar nicht so genau, wo man hinschauen sollte. Mal sprang die Sängerin kopfüber mit Bungee-Seilen vom Bühnendach und sang wie selbstverständlich "Get the Party Started". Mal hüpfte ihre Zirkus-Clique zu "Trustfall" auf Trampolinen meterhoch durch die Lüfte. Oder die Pop-Dompteurin sprintete bei "What About Us" wie vom Fakir gestochen in Glitzer-Plateauschuhen über die Bühne. Die Show versetzte alle Orthopäden und Sportmediziner der Stadt in Rufbereitschaft. Gebraucht wurde zum Glück keiner.
Pink in München war keine musikalische Luftnummer, sondern eine artistische
Bei vielen anderen Künstlern lenken solche spektakulären Einlagen oft von der minderen Musikqualität ab. Die dreifache Grammy-Gewinnerin gab sich, bis auf ein paar verpatzte Einsätze und ein wenig fehlendes Taktgefühl in den ersten Songs, keine Blöße. Während den meisten Fans schon beim Gedanken an einen Kopfstand in zehn Metern Höhe speiübel wurde, traf die Sängerin in dieser misslichen Lage bei "Turbulence" jeden Ton. Pink war keine musikalische Luftnummer, sondern eine artistische.

Am Ende waren es aber die leisen Töne, die ihr wirkliches Gesangs-Talent zeigten. Bei "Make You Feel My Love" setzte sie sich ans Piano und bei "Just Give Me Reason" vibrierte die ganze Arena. Vor der Akustikversion von "Please Don't Leave Me" entdeckte sie einen Fan mit T-Shirt der Punk-Band Pennywise. Sie kicherte sekundenlang in ihr Mikrofon, während ihre Backgroundsängerinnen schon den Song vortrugen. "Spielen sie in München? Dann grüß bitte Byron", rief sie dem überwältigten Fan ihre Grüße für den Pennywise-Schlagzeuger zu.
Megastar Pink wird nahbar und zeigt sich sympathisch
Am Ende gingen die Blicke immer wieder zu den riesigen Leinwänden, die im Stil eines Smartphone-Bildschirms mit reichlich Filtern verziert waren. Sie machten die 43-Jährige mit ihrem blonden Irokesen auf eine entfernte Art nahbar. Denn aus dem eigenen Smartphone kannten die Fans Alecia Beth Moore fast wie eine Freundin. Sie teilt ihr Familienleben auf Tour ausführlich in den sozialen Netzwerken und ist auch schon mal mit dem Drahtesel in den Tour-Orten unterwegs. Augen auf, auf dem Isar-Radweg in den nächsten Stunden. Ihre Tanz-Crew traf man im Englischen Garten, wie sie sich im Eisbach abkühlten. Denn auf der Bühne ging es für die flotte Zehner-Combo schweißtreibend zu.
Alles, was eine gute Zirkus-Requisite zu bieten hat, wurde genutzt, um eine typische US-Mega-Show auf die Beine zu stellen. E-Scooter in Flamingo-Form, wirbelnde Laufbänder und leuchtende Einkaufswagen wurden in die spektakulären Hebefiguren und Choreografien eingebaut.
Pink Konzert in München geht für drei Fans unter die Haut
Für Pascal (38), Tanja (31) und Vici (27) aus München ging das Pink-Konzert im wahrsten Sinne noch mehr unter die Haut. Sie campierten schon am Vortag neben der Haupttribüne. Die Belohnung für all' die Mühe war ein Platz in der ersten Reihe. Von dort reichte Pascal seinem Star ein Plakat, auf das sie drei Herzen für ein Freundschaftstattoo malen sollte. "Ich bin ganz aufgeregt", rief die Sängerin ins weite Rund, während sie mit zittriger Hand die Herzen malte.

Ein junger Fan flüchtet vor Pink im Olympiastadion
Auch ein ganz junger Zuhörer wird den Abend nicht vergessen. Er fragte ebenfalls per Plakat nach, ob er "Cover Me In Sunshine" mitsingen darf. Der Superstar fand die Idee gut, auf die Schnelle aber keine Treppe in den Zuschauerraum, um genauere Informationen einzuholen. Diese Sekunden der Unsicherheit nutzte der junge Fan, um von den Schultern seiner Mutter zu klettern und sich im Fußraum zu verstecken. "Lass uns schnell abhauen", flüsterte Pink ihrem Gitarristen Justin zu. "Ich glaube, ich habe ein Leben ruiniert." Als Entschädigung gab es hinterher eine Packung Süßigkeiten, die immer wieder auf die Bühne flogen.

Unzählige Geschenke für Pink flogen auf die Bühne im Olympiastadion
Sie probierte zudem alberne Froschmützen oder Sonnenbrillen an und grüßte gefühlt jeden Fan. Viele Geschenke wie T-Shirts oder Kuscheltiere flogen auf die Bühne. Sie zeigte sich als ganz sympathischer und bodenständiger Typ, mit dem man gerne sein Bier ("Raise Your Glass") trinken würde. Obwohl Stopp! Bodenständig ist nun wirklich der falsche Ausdruck.
Spektakuläre Seil-Artistik im Konfettiregen
Denn ganz zum Schluss sauste sie wie eine Superheldin an vier gespannten Seilen hundert Meter quer durch das Stadion und sang im Konfettiregen und endlosen Drehungen "So What".
Im September ist Helene Fischer mit einer ähnlich akrobatischen Show ein paar hundert Meter weiter in der Olympiahalle zu Gast. Die deutsche Schlagerqueen würde wahrscheinlich atemlos zurückbleiben, wenn sie sehen könnte, wie der US-Star durch die Nacht abhob. Vielleicht war es am Ende also doch kein Zirkus, sondern einfach Pink. Ohne Netz und doppelten Boden.