Museen, Theater, Konzertsäle – Nicht nur beim Gasteig hakt's: Münchens Kultur-Baustellen

Der Gasteig ist nicht die erste Kultureinrichtung in München, die teuer saniert werden soll. Ein Rückblick auf Desaster und Erfolgsgeschichten.
Volker Isfort
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Robert Braunmüller
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So könnte der neue Gasteig aussehen– mit einem gläsernen Foyer, das die Philharmonie mit dem Bibliothekstrakt verbindet.
So könnte der neue Gasteig aussehen– mit einem gläsernen Foyer, das die Philharmonie mit dem Bibliothekstrakt verbindet. © Mir

Die Hamburger Elbphilharmonie kostete mit rund 866 Millionen Euro mehr als das elffache der mit ursprünglich 77 Millionen Euro geplanten Summe.

Sie ist neben dem Berliner Flughafen das Schreckenssymbol aller deutschen Kämmerer und Stadträte, wenn es um große Bauprojekte geht. In Hamburg allerdings sind die Kosten kein Thema mehr, denn die Stadt hat einen Touristenmagnet und Wahrzeichen hinzugewonnen.

Gasteig soll saniert werden: Wie teuer wird es für München?

In München wiederum ließ Oberbürgermeister Dieter Reiter beim Kulturempfang am Montag durchblicken, dass er für den Gasteig die große Sanierungslösung bevorzugt. Mit Kosten von wohl über 700 Millionen Euro würde der Gasteig mit der Elbphilharmonie heranrücken, allerdings ohne dass die Stadt ein neues Wahrzeichen bekäme, einen modernen Publikumsmagneten und ein zukunftsfähiges Kulturzentrum dagegen schon.

Im Herbst entscheidet der Stadtrat über die Zukunft des Gasteig. Wir unternehmen hier einen Rückblick auf die größten städtischen Kulturbaustellen in der Eurozeit.

Der Neubau der Münchner Kammerspiele mit Probenräumen und der Therese-Giehse-Halle.
Der Neubau der Münchner Kammerspiele mit Probenräumen und der Therese-Giehse-Halle. © Imago

Sanierungen des Deutschen Theaters und der Kammerspiele schluckten Dutzende Millionen

Kammerspiele
Am 1. Januar 2002 verlor die Deutsche Mark ihre Eigenschaft als gesetzliches Zahlungsmittel, der Euro übernahm und die Menschen beklagten sich über die stark gestiegenen Preise. Ähnlich erging es der Stadt mit der Renovierung der Kammerspiele, denn aus den veranschlagten 100 Millionen Mark wurden schließlich 110 Millionen Euro. Inmitten der dreijährigen Bauzeit hatte der damalige Kulturreferent Julian Nida-Rümelin noch Intendant Dieter Dorn "entsorgt", seinen Vertrag nicht verlängert und Frank Baumbauer an die Kammerspiele berufen.

Als Ende März 2003 Luk Percevals eigenwillige Inszenierung von Shakespeares "Othello" (in einer Übersetzung von Feridun Zaimoglu und Günter Senkel) das bürgerliche Publikum verschreckte, war Dorn schon längst auf die andere Seite der Maximilianstraße zum Residenztheater gewechselt – mit einem Großteil "seines" Ensembles und bald schon vielen ehemaligen Kammerspiele-Abonnenten.

Das Deutsche Theater.
Das Deutsche Theater. © imago/HRSchulz

Deutsches Theater
Im Jahr 2008 musste das Deutsche Theater ins ungeliebte Zelt nach Fröttmaning ziehen, das Stammhaus war nach einer Notsanierung zwei Jahrzehnte zuvor schon wieder reif für eine "Mindestsanierung". Denn die Generalsanierung war von der Stadt mit 140 Millionen Euro kalkuliert worden und im Jahr einer Rekordverschuldung der Stadt und unter dem Eindruck des Kammerspieledesasters politisch nicht durchsetzbar.

Man einigte sich auf eine kleine Lösung: Die Sanierung wurde letztendlich mit 94 Millionen Euro nur 10 Millionen Euro teurer als kalkuliert, obwohl die Wiedereröffnung nicht weniger als sieben Mal verschoben werden musste. Insgesamt schwoll die Renovierungszeit von drei auf sechs Jahre an, ehe ab Januar 2014 die "West Side Story" wieder an der Schwanthaler Straße gezeigt werden konnte.

Aber: Im Münchner Lenbachhaus lief immerhin alles glatt

Lenbachhaus
Von 2009 bis 2013 wurde das Museum nach Plänen vom Architekturbüro Foster + Partners generalsaniert und um einen kubischen Neubau und ein Geschoss erweitert. Dabei wurden sowohl Bauzeit (vier Jahre) wie Kosten (58,5 Millionen Euro) eingehalten: ein gelungenes Beispiel öffentlichen Bauens ohne Pannen und gestiegene Kosten.

Die Aussenfassade des Neubau des Volkstheaters im Schlachthofviertel.
Die Aussenfassade des Neubau des Volkstheaters im Schlachthofviertel. © picture alliance/dpa

Münchner Volkstheater
Rund 40 Jahre war das Volkstheater als Mieter in der Mehrzweckhalle des Hauses des Sports in der Brienner Straße untergebracht. Als dem Stadtrat klar wurde, dass eine Sanierung notwendig war, rund 50 Millionen Euro kosten, aber noch immer kein "richtiges" Theater erzeugen wurde, entschloss sich der Stadtrat mutig für die große Lösung: Intendant Christian Stückl bekam sein Theater im Schlachthofviertel.

Es ist eine Erfolgsgeschichte, die am 15. Oktober 2021 mit Stückls Inszenierung von Christopher Marlowes "Edward II." begann. Das von der Planungsbürogemeinschaft um die Firma Georg Reisch aus dem oberschwäbischen Bad Saulgau nach Plänen des Stuttgarter Architekten Arno Lederer schlüsselfertig errichtete Gebäude kostete die Stadt 135 Millionen Euro. Zeit- und Kostenrahmen waren exakt eingehalten worden.

Das Ausweichquartier des Gasteig mit der Trafohalle und der Interimsphilharmonie.
Das Ausweichquartier des Gasteig mit der Trafohalle und der Interimsphilharmonie. © Gasteig

Gasteig und Isarphilharmonie: Bürokratie ist bei Sanierungen oft hinderlich

Gasteig HP 8
Nach nur 18 Monaten Bauzeit ohne Pannen und Kostenüberschreitungen wurde im Oktober 2021 der Gasteig HP8 als Interimsquartier in Sendling mit einem Festkonzert der Münchner Philharmoniker unter Valery Gergiev in der Isarphilharmonie eröffnet.. Bauherr war die Gasteig GmbH im Auftrag der Stadt. Der Bau kostete 70 Millionen, davon entfielen 40 Millionen auf die Isarphilharmonie neben der sanierten Halle E, die auch tagsüber genutzt wird: als Filiale der Stadtbücherei.

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FAZIT
Öffentliches Bauen steht im Ruf, zu teuer zu sein und zu lange zu dauern – weil zu viele Leute mitreden und zu bürokratisch vorgegangen wird. Der Ruf kommt nicht von ungefähr. Die Generalsanierung des Stadtmuseums wird seit 1999 geplant, ohne dass ein Bagger am Jakobsplatz gesichtet worden wäre. Auch auf der Baustelle der (staatlichen) Neuen Pinakothek tut sich wenig.

Aus diesem Grund werden derzeit Modelle mit General- oder Totalunternehmern bevorzugt, die schlüsselfertig bauen. Das Volkstheater wurde so errichtet, der Staat baut das Probengebäude des Residenztheaters nach diesem Modell. Beim Gasteig wurde niemand gefunden, der ihn sanieren wollte. Wird es das Baureferat gegen alle Vorurteile schaffen, das Kulturzentrum fristgerecht zu modernisieren? Wir werden sehen. 

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  • Der wahre tscharlie am 20.07.2023 15:33 Uhr / Bewertung:

    Ich habe auch den Eindruck, dass das Fazit zutreffend ist. Es reden zuviel Leute mit.
    Ein Sprichwort lautet ja, "Viele Köche verderben den Brei".
    Deshalb ist ein "Generalsanierer" oder wie immer man das nennen mag, bei dem alles zusammenläuft, durchaus sinnvoll.

  • am 20.07.2023 12:59 Uhr / Bewertung:

    Warum nur im Perfekt formuliert? Im Präsens passte es auch.

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