München leuchtet, Borchmeyer dunkelt
Zum eskalierenden Streit um zwei Literaturpreise in Lübeck und München
Jetzt geht’s richtig ab: Nicht genug damit, dass Peter Handke einen ziemlich schrägen Auftritt hinlegte, als ihm die Bayerische Akademie der Schönen Künste den ersten Münchner Thomas-Mann-Preis überreichte, der früher einfach Großer Literaturpreis hieß. Nachvollziehbar auch noch, dass in Lübeck, wo seit 1975 ein Thomas-Mann-Preis vergeben wird, dies bemerkt wurde und zu heftigem Protest führte, weil zwei Mann-Preise grundsätzlich einer zuviel seien (AZ berichtete).
Doch nun keilt Akademie-Präsident Dieter Borchmeyer zurück, als sei er auf der, wie Mann es nannte, „monstre Kirmes“ alias Wiesn: „Die Züricher sollten auch einen ausloben. Dann wären wir zu dritt.“
Nun kann man lange drüber streiten, wer wieviele Mann-Preise verträgt, wo doch für Handke offensichtlich schon einer zuviel war. Auch wäre der Fall schneller entschieden, wenn Borchmeyer plötzlich einen Nobel-Preis vergeben wollte, weil die Bundesregierung keine skandinavischen Verwicklungen zulassen würde.
Toni Schmid, zuständiger Ministerialdirigent im Kunstministerium, versucht zu deeskalieren, indem er die Frage „Könnte Mann damit leben?“ stellt und selbst mit „Ich glaube ja“ beantwortet. Dabei ist der entscheidende Fakt bislang völlig übersehen worden: München hatte längst den einzig wahren Thomas-Mann-Preis: Es handelt sich seit 1961 um eine Medaille namens „München leuchtet“.
Michael Grill