Kunst für alle

Wer keine Lust auf weiße Wände hat, für den gibt es eine Alternative zu Foto-Postern und Kunst-Drucken – von Selbstgemaltem einmal abgesehen: Echte Kunst, auszuleihen für drei Euro pro Werk und Monat. Wo? In der städtischen Artothek im Rosental, die heuer ihren 30. Geburtstag feiert. 1986 war es der legendäre Kultur-Stadtrat der CSU, Franz Forchheimer, der zusammen mit Irmgard Mager von der SPD den Antrag dazu im Stadtrat stellte.
Die Einrichtung eines öffentlichen Bilderverleihs entstammt dem Gedanken der sozialdemokratischen „Kultur für alle“, darum liegen viele der rund 130 deutschen Artotheken auch in vorwiegend sozialdemokratisch geprägten Bundesländern – oder Städten.
Immer was Neues
Alix Stadtbäumer, die die Institution seit 2000 leitet, gefällt auch das „nichthierarchische Prinzip“, nach dem das Werk eines berühmt gewordenen Künstlers aus München wie Loretta Lux oder Michael Wesely neben einem lehnt, dessen Schöpfer noch auf den Ruhm wartet. Und der demokratische Grundgedanke, dass „die Kunst hier jedem zugänglich“ ist.
Rund 2000 Stücke umfasst die Sammlung inzwischen, davon sind zumeist um die 800 verliehen. Ein jährlicher Ankaufsetat von 15 000 Euro sorgt dafür, dass kontinuierlich Neues dazu kommen kann.
Seit ihrer Gründung ist die Institution dem Stadtmuseum angegliedert. Zunächst war sie im mittelalterlichen Gebäudekomplex am Sebastiansplatz untergebracht, später im Ignaz-Günther-Haus. Seit 2003 lockt sie im hohen, hellen Schauraum in den Arkaden des Gsaenger-Traktes am Rosental 16, dessen „Grandezza“ (Stadtbäumer) der Kunst sehr gut tue, das Publikum auch mit Ausstellungen an.
Sommerliche Motive
Jetzt zeigt die Artothek unter dem Titel „Mittsommer“ Werke von 53 Künstlern, die im weitesten Sinne sommerliche Motive aufweisen – davon 20 aus dem Bestand. Außerdem 33 Leihgaben, darunter Stücke, die man nicht nur leihen, sondern auch erwerben kann. Mitunter sogar Dreidimensionales, obwohl der Artothek-Bestand vorwiegend Flachware umfasst – weil Bilder eben unfallfreier verleihbar sind.
Genau dies möchte Alix Stadtbäumer gerne aufbrechen, und die Sammlung für Plastisches sowie für Videos öffnen. In „Mittsommer“ findet man Benjamin Bergmanns bleierne Wandskulptur „2:1“, einen Tischtennisschläger mit zwei Bällen (6500 Euro), ebenso wie Rita Hensens kühlend-cooles Schriftrelief „Der ganze Sommer steht in keinem Verhältnis“(4000 Euro) und Chana Nourianis zweiteilige Plastik „Fuchs und Wurst“ (unverkäuflich, bereits Exponat Nr. 1800 der Artothek).
Von Franz Wanner stammt eine kolorierte Schwarzweißfotografie, auf dem ein älteres Ehepaar dem Betrachter mit einer merkwürdig blauen Bowle zuprostet (unverkäuflich), während Stefano Giuriati zwei Rom-Aufnahmen beisteuerte, auf denen er, verkleidet in eine russische Uniform, vor dem Petersdom wacht (400 Euro). Im Anschluss an die Präsentation ausleihbar sind hingegen Alfredo Planks sofort ins Auge stechendes, herrlich buntes und dekoratives Stillleben „Bodegon con Gato Egipcio“, Richard Schnurs Farb-Patchwork „Palermo“ oder Martin Spenglers Wandrelief „Die Palme“ : eine technisch stupende, filigrane Vedute, geschnitzt aus vielen Schichten Wellpappe.
„Mittsommer“ bis 9. September, Mi & Fr 14 bis 18, Do bis 19.30 und Sa 9 bis 13 Uhr