"Zoomania": Kampf zwischen Kultur und Genen
Sind Sie bibelfest? Wenn nicht, kennen Sie vielleicht trotzdem die Prophezeiung des Alten Testaments: „Wolf und Lamm sollen miteinander weiden, der Löwe wird Heu essen ...“
Was da skizziert wird, ist der Inbegriff einer bunten Gesellschaft, die in Frieden lebt – also eine Utopie, die viel mit unserer heutigen Situation zu tun hat. So auch der neue Disney-Film „Zoomania“, der so gelungen ist, weil er auf allen Ebenen als Familienfilm funktioniert – außer für die Kleinen unter 10. Denn für die ist die Sache doch etwas zu kompliziert und manchmal zu düster.
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Alles beginnt mit der klassischen Geschichte vom Kind, das auszieht, um erwachsen zu werden, kombiniert mit der ur-amerikanischen Idee von „Wenn Du es nur willst, kannst Du es schaffen.“ Und weil heute alles so emanzipiert ist, steht im Mittelpunkt kein Junge, sondern eine kleine Häsin, Judy Hopps: ein Landei, das nach der Häschenschule davon träumt, Großstadt-Polizistin zu werden – unter lauter Macho-Bullen.
Ein spannender Krimifall für die ganze Familie
So kann man den Film als spannenden Krimifall anschauen. Denn Hopps wird plötzlich in einen großen Entführungsfall verwickelt.
Aber genau damit diskutiert der Film unsere großen Gesellschaftsfragen durch. Denn welches Zusammenleben eignet sich besser, unsere multikulturelle Gesellschaft zu spiegeln, als die bunte Tierwelt? „Zoomania“ ist eine wunderbar utopische Metropole, in der die Raubtiere schon zu Vegetariern umerzogen wurden und ihren Raubtier-Instinkt verloren haben.
Der politische Trick: Angst sähen, um gewählt zu werden.
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Angenehmerweise traut aber selbst die Regie-Crew um Byron Howard („Rapunzel – neu verföhnt“) und Rich Moore („Ralph reicht’s“ und „Die Simpsons“) dem lieben Frieden nicht: Denn mit nur einer kleinen Pille kommen alle Jagdinstinkte wieder hoch. Und hier setzt der Film eine zweite große Hintergrundgeschichte an: die Politik. Genau dieser Aspekt ist erschreckend aktuell.
Konfliktbewältigung statt heiler Welt
Denn um Stimmen zu fangen, schüren eigentlich biederste Politiker-Typen, die sich nach außen als Lämmer geben, Angst in der eigentlich ganz friedlichen Mehrheitsgesellschaft: Minderheiten werden dämonisiert und Gewaltkriminalitäts-Ängste geschürt. Was auch sofort funktioniert. In falscher politischer Korrektheit werden Raubtiere aus Jobs entfernt, die direkt mit der Öffentlichkeit zu tun haben: der verfressene, eitle Leopard vom Empfangsschalter der Polizeistation ins Archiv versetzt: „Man kann ja nie wissen.“
Denn selbst bei diesem heiklen Thema ist „Zoomania“ klug genug, Probleme nicht zu verschweigen. Selbst unsere eigentlich vorurteilslose Super-Häsin nimmt beim ersten Großstadtgang erst einmal ein Anti-Fuchs-Pfefferspray mit, das ihr die Angsthasen-Eltern mitgegeben haben – für alle Fälle. Auch der coole Fuchs, der zum klugen Mitstreiter von Hopps wird, ist letztlich ein charmanter Gauner.
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Und einen bizarr-witzigen, karikaturhaften Auftritt hat auch eine Marlon-Brando-Ratte als Mafia-„Pate“, dem Christian Brückner in der deutschen Synchronversion die bekannte, gepresst-nuschelnde De-Niro-Stimme verleiht.
So existiert am Ende nicht eine völlig heile Welt, sondern eine extrem bunte Gesellschaft, die sich zusammenraufen muss. Denn vielleicht lauern unter der Zivilisationsschicht unsere gefährlichen Instinkte. Aber dafür gibt’s ja die Polizei – mit einer Häsin an der Spitze, die kein Angsthase ist!
Junge Kritiker über "Zoomania" - Mal im Ernst: Sehr lustig!
Vergangene Woche trafen sich Schüler der Klasse 9a der Realschule Puchheim mit Journalisten des BR und der Abendzeitung zu einem Workshop über Kulturkritik. Anschließend ging es mit einer Gruppe ins Kino – in die Pressevorführung von „Zoomania“. Hier Auszüge aus den Schüler-Kritiken des Projekts „Junge Kritiker“:
"„If you can make it there you can make it everywhere”: Nach diesem Motto geht es im Film „Zoomania“ um das Verwirklichen von Träumen in einer Großstadt, aber auch um das Zusammenleben verschiedener (Tier-) Rassen. Womit dieser Film auch ein durch die Flüchtlingssituation aktuelles Thema anspricht. Der Film ist detailreich animiert, trotz vieler Gags nicht albern und durch seine verzwickte Handlung, die vielleicht nicht jedes Kind versteht, auch für Erwachsene nicht zu schade." (Felix Schneid)
"„Zoomania“ ist mit seiner Nähe zur Realität gut in unsere Welt zu übertragen. Was diesen Film sehenswert macht, ist, dass ernste Szenen nicht ins Lächerliche gezogen werden, sondern ein Gleichgewicht zwischen ernst und lustig gefunden wird. Das Ende bleibt durch Wendungen, die man nicht voraussehen kann, lange spannend offen." (Seona Preimesser)
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"Jeder kennt das: Man verfolgt einen Traum und alle sagen: „Das schaffst du doch eh nicht‘‘. So geht es auch Judy Hopps, die als kleiner Hase Polizistin in der Großstadt Zoomania werden will. Es folgt eine spannende, lustige, und umfangreiche Krimi-Falllösung, die sehr gut durchdacht ist und alles hat, was so ein typischer Polizeifilm braucht, aber trotzdem noch auf lustiger Ebene. Aber man muss sich konzentrieren, um die komplette Story zu erfassen, da sie viele Wendungen und komplizierte Inhalte enthält. Was mir sehr gut gefallen hat: Die Tiere sind zwar sehr menschlich dargestellt, behalten aber ihre tierischen Eigenschaften. „Zoomania“ eignet sich für Familien mit etwas älteren Kindern." (Konstantin Zey)
"Die Animation ist detailreich und liebevoll, wie beispielsweise in der Ankunftsszene im Zug. Hier sieht man die Hauptstadt Zoomania in allen Facetten, was überwältigend ist. Meiner Meinung nach ist der Film ein schöner und spannender Familienfilm, der auch ältere Zuschauer unterhält. Dies sieht man zum Beispiel gut an der Szene in dem Club für Nudisten, welche mit viel Charme Erwachsenen zum Lachen bringt. Die Kinder lachen in der gleichen Szene über altersgerechte Witze, wie über ein Volleyballspiel zwischen Nilpferden und den Giraffen." (Tanja Kiesel)
Schüler der Klasse 9a aus Puchheim im Gabriel Kino.
Fazit
„Zoomania“ ist ein humorvoller und lustiger, manchmal auch trauriger, aber vor allem spannender und fantasievoller Film. Dabei vermittelt der Film wichtige Botschaften, wie z.B. die Gleichberechtigung aller Tiere (Raub- und Beutetieren). Ein weiteres Ziel des Filmes ist es, zu verdeutlichen, dass man alles erreichen kann, was immer man will. Auch das Titellied „Try Everything“ (gesungen von Shakira) handelt davon. In diesem zeitgemäßen Animations-Spaß lachen nicht nur die Hühner, sondern alle.
Kino: Cincinnati, Cinema, Cinemaxx, Leopold, Mathäser, Museum-Lichtspiele, Royal Filmpalast R: Byron Howard, Rich Moore (USA, 108 Min.)