"Was dein Herz dir sagt" im Kino: Alles über unser Heute drin
An Virginie Efira kommt in Frankreich niemand mehr vorbei, der Film "Birnenkuchen mit Lavendel" brachte der gebürtigen Belgierin 2016 den Durchbruch in Deutschland, in Frankreich galt sie einstige Moderatorin da schon lange als Star.
Albert Dupontel inszeniert Mix aus schwarzer Komödie und düsterem Märchen
Inzwischen hat sie die französische Staatsangehörigkeit angenommen, damit sie wählen kann - und dreht einen Film nach dem anderen. So begeisterte erst kürzlich beim Filmfestival Venedig mit "Les enfants des autres" eine feinfühlige Tragikomödie über verpasste Mutterschaft.
Jetzt, in Albert Dupontels Mix aus schwarzer Komödie und düsterem Märchen (zwei Millionen Zuschauer in Frankreich, ausgezeichnet mit sechs Césars!) erhält sie als attraktive Friseuse Suze eine niederschmetternde Diagnose: durch das Einatmen von Haarspray leidet sie unheilbar an Krebs. Ihr bleibt nicht mehr viel Zeit.
Da wird alles auf die Schippe genommen und auch kritisiert
Die will die 43-jährige Suze nutzen, ihren Sohn zu finden, den man ihr als Jugendliche nach der Geburt wegnahm. Dazu stößt JB (Regisseur Dupont selbst), ein 50jähriger depressiver Computernerd, der durch einen Jüngeren ersetzt werden soll und seinen Selbstmord vermasselt: Der Schuss trifft nicht ihn, sondern geht durch die Wand und verletzt einen Kollegen. Die Polizei sucht ihn daraufhin als Terroristen.
Mit Witz und bösem Humor schlagen sich die vermeintlichen Loser durch
Dem Duo schließt sich ein blinder Archivar (Nicolas Marié) an, der die Akte von Suzes adoptiertem Kind rauskramt und mit ihnen türmt. Das Trio macht sich auf die Suche nach dem Verschollenen.
Chaotischer geht's nicht mehr. Da wird alles auf die Schippe genommen und auch kritisiert: der Jugendkult in der Computerbranche, die prekären Arbeitsbedingungen im Damensalon, die Vergiftung menschlicher Beziehungen durch das soziale Netz, die Terrorismus-Hysterie.
Mit Witz und bösem Humor schlagen sich die vermeintlichen Loser bei ihrer atemlosen Fluch durch, ganz nebenbei kommt vieles zur Sprache - das gesellschaftliche Klima, der Verlust von Werten, der alles platt walzende Egoismus, der wuchernde Bürokratismus.
Ein turbulentes, manchmal etwas klamaukiges Plädoyer für mehr Menschlichkeit und Gerechtigkeit, bei dem sich Burleske und Gefühle verbinden bis zum überraschenden Ende. Auch wenn das Lachen manchmal im Halse stecken bleibt, die durchgeknallte Odyssee hämmert bestens auf der Klaviatur der guten Laune. Und wenn JB mit seinen Hackerkünsten dafür sorgt, dass der Aufzug steckenbleibt, in dem Suzes schüchterner Spross der Angehimmelten seine Liebe erklärt, wird's ganz romantisch.
Orientiert hat sich der französische Regisseur an seinen Idolen, den englischen Monty Python's. Und so ist es kein Wunder, dass Terry Gilliam für einen kurzen Auftritt als Waffenhändler zusagte.
Kino: Theatiner (OmU), Regie: Albert Dupontel (Frankreich, 87 Minuten)