Tamara Bunke: Eine widerständige Frau

Ihr kurzes Leben endete im bolivianischen Dschungel beim Kampf für die sozialistische Weltrevolution. Zuvor hatte Tamara Bunke im Auftrag Che Guevaras als Agentin in La Paz gearbeitet. Als sie aufzufliegen droht, schließt sich den Kämpfern um Che an.
Am 31. August 1967 wird sie als Teil von Ches Nachhut von bolivianischen Soldaten erschossen, am 9. Oktober findet auch Che Guevara sein Ende. Tamara Bunke, die in Argentinien als Tochter deutscher Flüchtlinge aufwuchs und mit 14 Jahren in die DDR umsiedelte, wurde nach ihrem Tod dort als Heldin gefeiert. Als „Tania la Guerrillera“ ist sie auch auf Kuba bekannt. Und über ihre verhängnisvolle Mission in Bolivien gibt es sehr viele unterschiedliche Versionen. Kurzum, eine tragische und spannende Geschichte über eine von vielen als Mythos betrachtete Heldin, wie gemacht für das Kino, dachte der deutsche Regisseur Elmar Fischer.
Allerdings musste er dann zwei Jahrzehnte für sein Projekt kämpfen. Einen großen Teil des Budgets hat er nun endlich zusammen, Drehbeginn ist im November. Aber warum er unbedingt noch Unterstützung per Crowdfunding braucht, erklärt er im Interview.

AZ: Herr Fischer, wann haben Sie angefangen, sich ernsthaft mit einem Film über Tamara Bunke zu beschäftigen?
ELMAR FISCHER: Im Jahr 2004 hatte ich eine Wohnung am Prenzlauer Berg, da wellte sich die Tapete und dahinter in der Wand entdeckte ich ein Loch mit einem kaputten Heizungsrohr. Das war umwickelt mit Zeitungspapier. In dieser alten DDR-Zeitung habe ich einen Bericht über Tamara Bunke gesehen mit dem ikonischen Foto, das an das Kordas-Porträt von Che Guevara erinnert. Da war es um mich geschehen. Ich habe dann angefangen zu recherchieren und mit Zeitzeugen zu sprechen.
"Die Geschichte schreiben immer die Sieger"
Tamara Bunke ist in Ostdeutschland verehrt worden, in der Bundesrepublik blieb sie eher unbekannt.
Ja, das stimmt. Nachdem ich mein erstes Konzept verfasst hatte und damit eine Entwicklungsförderung vom Medienboard Brandenburg erhalten habe, klingelte bei mir das Telefon. Lothar Bisky, damals Fraktionschef der Linken im Bundestag, wollte mich kennenlernen. Ich habe ihn dann in seinem Büro im Bundestag getroffen und meine Pläne vorgestellt. Er sagte: „Sie wissen schon, Tamara stand nicht auf der Seite der Sieger. Die Geschichte aber schreiben immer die Sieger. Ich gehe nicht davon aus, dass sie diesen Film jemals in Deutschland finanziert bekommen, weil sie nicht zum Narrativ der westdeutschen Geschichtsschreibung gehört.“ In gewisser Weise hatte er recht. Wir kämpfen noch immer um jeden Euro und mussten viel Geld im Ausland organisieren, um den Stoff durchzubringen.

Es gibt mehrere Dokumentarfilme über sie, aber keinen Spielfilm?
Es gab aber viele gescheiterte Versuche, ihr Leben zu verfilmen, auch in der DDR. Tamara hat in Ost-Berlin viel Widerspruch erzeugt. Sie war eine junge, wilde Frau mit einem starken, eigenen Kopf. Sie sagte: Ich will dahin, wo es brennt. Damit stellte sie sich gegen das, was die SED von ihr erwartete. Sie hat sich gegen die Partei, ihre Familie und viele Widerstände durchgesetzt und saß irgendwann tatsächlich in einem Flieger nach Kuba. Dort hat sie es wirklich an die Seite vom Che geschafft. Nach und nach musste sie über immer mehr innere Widerstände und Grenzen gehen, hat dabei wohl auch in eigene Abgründe blicken müssen.
Thomas Brussig hat einen neuen Blick auf Tamara Bunke eingebracht
Was hat Sie animiert, zwei Jahrzehnte lang für ihren Film zu kämpfen?
Ich habe mich zwischendurch auch gefragt, ist das noch Begeisterung oder schon Besessenheit? Ich finde aber, wir erzählen eine zeitlose, starke Geschichte. Gerade in den heutigen Zeiten, in denen der Imperialismus wieder als Prinzip aktueller Politik auftaucht, in denen nur noch das Recht des Stärkeren zählt. Da ist der Blick auf eine Widerstandskämpferin absolut aktuell. Ich war auf Kuba, in Argentinien und Bolivien, habe die Originalschauplätze besucht und dann ein Drehbuch verfasst. Es sind sehr viele Drehbuchfassungen entstanden. Die letzte hat Thomas Brussig umgeschrieben, um stärker den Blick eines Menschen, der in der DDR sozialisiert wurde, zu bekommen.
Die wichtigste Frage: War Tamara die Geliebte des Che, oder ist das ein Mythos?
Nach allen mir zugänglichen Quellen und Zeitzeugen war sie es nicht. Unser historischer Fachberater, Professor Oliver Rump, ist auch der festen Überzeugung, dass sie mit Che Guevara eine große ideologische Nähe empfunden hat, aber keine körperliche. Wo wir können, halten wir uns im Film an die historischen Gegebenheiten. Ich möchte auch nicht, dass man sie als die Freundin von Che Guevara definiert. Das würde ihren eigenen Kampf in ein falsches Licht rücken.
"Das ist freiwillige Selbstausbeutung"
Crowdfunding wird häufig von unbekannten Regisseuren benutzt, um ein Projekt zu ermöglichen, Sie wollen Ihr Budget hingegen aufbessern.
Es ist wahnsinnig schwer geworden, in Deutschland Kinofilme zu finanzieren. Wir arbeiten eh schon alle für viel weniger Geld, als wir in anderen Produktionen bekommen würden. Alle Beteiligten begeben sich in eine Art freiwillige Selbstausbeutung. Wir lancieren diese Crowdfunding-Kampagne nicht, um die Löhne zu erhöhen, sondern um die Ausstattung für den Film zu verbessern, denn wir sind budgetär absolut am Anschlag.

Was bieten Sie Menschen, die sich beteiligen wollen?
Da gibt es viele interessante Anreize. Wir haben ein abgestuftes Modell, man kann ab 10 Euro spenden und ab 10.000 Euro bekommt man einen Co-Produzentenstatus, das heißt, man wird auch an den Gewinnen beteiligt. Es gibt auch die Möglichkeit, sich Premierenkarten zu sichern, eine Rolle als Statist im historischen Kostüm oder Setbesuche zu erwerben, wir haben insgesamt ein großes Paket geschnürt.
Wieviele Schauspielerinnen waren denn schon Ihre Tamara im langen Planungszeitraum?
Wir haben über die Jahre viele wirklich namhafte Schauspielerinnen gecastet. Viele von ihnen können mittlerweile Tamara vom Alter her gar nicht mehr spielen. Tamara wurde ja mit 29 Jahren erschossen. Jetzt haben wir Mercedes Müller, die Idealbesetzung, weil sie einerseits die jugendliche Naivität verkörpern kann, andererseits aber auch mit harter Entschlossenheit agiert. Claudia Michelsen wird ihre Mutter spielen, Anna Unterberger ihre beste Freundin.
Der Drehstart steht fest, Sie beginnen am Geburtstag Tamaras Bunkes, am 19. November, unabhängig vom Ergebnis des Crowdfunding?
Ja, wir beginnen im November und schließen die Dreharbeiten im Februar ab. Ich denke, dass es ein sehr emotionaler Moment für mich werden wird, wenn im Herbst dann tatsächlich die erste Klappe fällt. Ich spüre schon jetzt große Euphorie. Die Frage ist nur noch, wie stark kann dieser Film werden? Und das hängt maßgeblich vom Budget ab.
Infos zur Crowdfunding-
Kampagne unter
www.startnext.com