"Schwesterlein" neu im Kino: Vom Leben und Sterben für die Kunst

Eidinger und Hoss in der Kinokritik: Mit einem grandiosen Schauspiel-Ensemble zeigt "Schwesterlein" die Verknüpfung von Privatleben und Kunst.
Matthias Pfeiffer |
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Brüderlein und Schwesterlein: Lars Eidinger und Nina Hoss als unheimlich verwobenes Geschwisterpaar.
Brüderlein und Schwesterlein: Lars Eidinger und Nina Hoss als unheimlich verwobenes Geschwisterpaar. © Foto: Weltkino

Die meisten Künstlern dürften in den letzten Monaten erfahren haben, wie es ist, von seiner Leidenschaft weggerissen zu werden. Neben den existenziellen Sorgen kommt dazu das Gefühl des Ausgeliefertseins und generell die Ungewissheit, wann und wie man sich wieder dem Lebensmittelpunkt widmen kann.

Das Identifikationspotential mit Sven in "Schwesterlein" dürfte also recht hoch sein - auch wenn sein Los nochmal ein drastischeres ist. Der Theaterschauspieler (genial verkörpert durch Lars Eidinger) leidet unter Krebs. Mit Unterstützung seiner aufopferungsvollen Schwester Lisa (nicht minder großartig: Nina Hoss) will er wieder auf die Bretter, die seine Welt bedeuten.

Eine Geschichte zwischen Sicherheit und Freiheit

Lisa befindet sich jedoch selbst zwischen allen Stühlen. Die Theaterautorin bekommt nichts mehr zu Papier, sie lebt mit ihrer Familie in der Schweiz, sehnt sich jedoch zurück in ihre Herzensheimat Berlin. Aber für ihren Bruder, mit dem sie nicht nur bluts- sondern auch seelenverwandt ist, heißt es durchhalten.

Das Regie-Duo Stéphanie Chuat und Véronique Reymond erzählt diese Geschichte ohne überbordende Sentimentalität. Trotzdem bleibt "Schwesterlein" ein packender und aufwühlender Film. Das liegt zum einen an der großartigen Leistung seiner Schauspieler, zum anderen an den nachvollziehbaren Konflikten. Die Regisseurinnen behandeln den dauernden Konflikt zwischen Sicherheit und Freiheit, Vernunft und Leidenschaft. Dass sie die Story im Theater-Milieu spielen lassen, ist dabei nur konsequent, beide sind selbst Bühnen-Schauspielerinnen. So ist auch die Figurenzeichnung von Sven nicht abgehoben. Wenn er erfährt, dass er nicht wie geplant den Hamlet geben können wird, fühlt der Zuschauer den Schmerz direkt nach - auch wenn er selbst nie auf der Bühne gestanden ist. Daneben steht seine Schwester vor ihrem eigenen Dilemma.

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"Schwesterlein": Persönliches Leid trifft auf die Kraft der Kunst

Die beruflichen Chancen ihres Mannes (Jens Albinus) kollidieren mit ihrem Freiheitsdrang. Stabile Zukunft in der Schweiz oder Künstlerleben in der deutschen Hauptstadt? Neben den persönlichen Leiden seiner Figuren erzählt "Schwesterlein" vor allem von der Kunst. Von ihrer Funktion als Sinn- und Kraftspender, Dreh- und Angelpunkt, aber auch von der Schwierigkeit, sich ihr voll und ganz widmen zu können, ohne Abstriche in anderen Lebensbereichen zu machen. "Schwesterlein" ist ein Film, der nachwirkt und so weit über ein Krebs- oder Schauspieler-Drama hinausgeht. Große Kunst eben.

"Schwesterlein" im Kino in München: ABC, Arena, City
Buch und Regie: Stéphanie Chuat und Veronique Reymond (Deutschland, 101 Min.)

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