"Der kleine Nick auf Schatzsuche": Der charmante Witz der Nostalgie
Für die Eltern ein neues Kapitel, für so manches Kind aber eine Katastrophe: Wenn ein großer Umzug ansteht, müssen Entscheidungen getroffen werden, die das fragile Gefüge einer Familie erschüttern können.
Filmtitel "Der kleine Nick auf Schatzsuche" ist ein wenig irreführend
Von den Folgen eines solchen Umbruchs erzählt Julien Rappeneau in seinem vergnüglichen wie hintersinnigen Kinderfilm "Der kleine Nick auf Schatzsuche". Der Filmtitel führt dabei in die Irre. Denn das angedeutete Abenteuer einer Schnitzeljagd ist lediglich eine Randnotiz. Auch beruht die Handlung auf keiner Vorlage des "Asterix"-Autors René Goscinny, der die hinreißende, von Sempé kongenial illustrierte Kinderbuchreihe zwischen 1959 und 1964 verfasste.
Und dennoch bleibt die dritte Realverfilmung, die wie gehabt in einem künstlichen, an "Amélie" erinnernden 60er Jahre Puppenhaus-Kosmos spielt, dem kindlichen Charme der Vorlage verblüffend charmant treu. Nick (Ilan Debrabant), ein neunjähriger Bub, der "nicht der beste und nicht der schnellste" ist, aber sich "nie drückt, wenn er einmal dran ist", gibt den gewitzten Erzähler. Ganz bei sich ist der Junge, wenn er mit seinen Freunden, darunter "der Schlechteste in der Klasse" Chlodwig (Anton Alluin) und Otto (Oscar Boissière), "Lieblingsbeschäftigung: Essen", am Stadtrand kicken darf.
Beförderung des Vaters macht "dem kleinen Nick" zu schaffen
Umso heftiger ist dann der Einschlag, als ihm sein tapsiger Vater (Jean-Paul Rouve) umständlich mitteilt, dass die Familie in drei Monaten umzieht, nach Südfrankreich - für Nick eine Reise ans andere Ende der Welt. Das berufliche Glück seines Vaters, eine unverhoffte Beförderung, interessiert ihn dabei herzlich wenig, auch weil der ihm seinen Bürojob gar nicht erklären kann. Nick sieht sich mit dem Verlust seiner verschworenen Bande konfrontiert, den bisher so unzertrennlichen "Unbesiegbaren". Und so bleibt ihm nur noch wenig Zeit, den bemühten Papa und die zaudernde Mama (Audrey Lamy) umzustimmen.
Film stellt alle Problematiken ausgewogen dar
Dem Film gelingt es, die aus Kinderperspektive dramatische Situation nie zu banalisieren. Gleichzeitig aber auch die Zweifel der Eltern am Neuanfang, am Aufgeben von Gewohnheiten wie den geliebt-gehassten Streitigkeiten mit dem Nachbarn amüsant zu thematisieren. Ein komischer Höhepunkt ist hier der katastrophale Versuch, das schmucke bisherige Eigenheim an den (neuen) Mann zu bringen ("Wir erneuern die Tapete regelmäßig - nach jedem Wasserschaden").
Und so gelingt am Ende, was selten gelingt: ein lebenskluger Film für Erwachsene und ihre Kinder. Und dabei bringt "Der kleine Nick auf Schatzsuche" den Zauber der Vorlage mit nostalgischer Patina zum Funkeln.
Kinos: CinemaxX, Mathäser, Museum Lichtspiele, Neues Arena, Neues Maxim
Regie: Julien Rappeneau (F, 103 Min.)
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