Comedy-Serie "One Mic Stand": Chaos erzeugt spritzige Momente
"Der weibliche Orgasmus kann nicht stattfinden, wenn die Frau kalte Füße hat", behauptet die eine. "Dem Mann geht es dabei nicht viel besser", ergänzt der andere. Ein Austausch auf Sparflammen-Witze-Niveau, der wohl nicht der Rede wert wäre, wenn die eine nicht die bekannte Komikerin Hazel Brugger wäre. Und der andere nicht Gesundheitsminister Karl Lauterbach.
Man muss schon von einem Coup sprechen, wenn man die Besetzung der neuen Amazon-Prime-Serie "One Mic Stand" durchgeht. Den Machern des Streaming-Dienstes ist es nämlich auch gelungen, Harald Schmidt aus seinem Komiker-Vorruhestand zu holen.
Comedians bereiten Prominente auf Bühnenauftritt vor
Sie alle treten in einem fünfteiligen Serienformat auf, das mit dem Titel "One Mic Stand" bereits treffend beschrieben ist. Angelehnt an das indische Original werden hier in fünf Teams fünf Prominente von fünf erfahrenen Bühnen-Comedians für einen einmaligen Show-Auftritt in Wiesbaden trainiert.
Das ist durchaus ein Konzept mit Unterhaltungspotenzial, letztlich aber eine Mogelpackung. Die Darbietungen der Comedy-Newcomer vor einem Live-Publikum dauern in der Amazon-Schnittfassung am Ende nur zehn Minuten.
Die restliche Zeit der 45 Minuten langen Folgen füllt das erfahrene Team um den Regisseur Johannes Spiecker ("Joko & Klaas") und den Autoren Ralf Kabelka ("Heute Show") und Claudius Pläging ("Pastewka") mit den mal mehr, mal weniger witzigen Einlassungen des gehypten Moderators und Komikers Teddy Teclebrhan und mit den aktuellen Programmen der entsprechenden Möchtegern-Comedian-Lehrmeister.
Nicht-Comedians dürfen Gelerntes in der Serie nur kurz zeigen
Für Brugger, Teclebrhan (auch als Trainer für den Schauspieler Fahri Yardim), Schmidt (mit den Kickern Mats Hummels und Christoph Kramer), Torsten Sträter (mit dem Model Lorena Rae) und Michael Mittermeier (mit der Tänzerin Motsi Mabuse) mag das einen vortrefflichen Werbeeffekt haben, Zuschauer, die sich von der überraschenden Promi-Riege auf fremdem Terrain mehr Spielzeit erhofft haben, aber auch enttäuschen.
Im kurzen Zusammenspiel, in der chaotischen Probenarbeit der Zweierteams ergeben sich die spritzigsten Momente. Gerade Lauterbach, der mit seinen düsteren Pandemie-Prognosen in den letzten zwei Jahren für sicher nicht allzu viel Lacher gesorgt hat, beweist im Plausch mit Brugger durchaus Selbstironie, wenn er zugeben muss, dass eine rhetorische Figur wie das Oxymoron das Publikum vielleicht überfordern könnte (Brugger: "Karl, du musst deinen Wortschatz reduzieren. Auf maximal 1.000 Wörter!").
Karl Lauterbach stellt ganzes Können unter Beweis
Im Gegensatz zum neurotischen Yardim, der ein wenig eitel mit seinen Versagensängsten ringt, geht Lauterbach, der zum Zeitpunkt der Produktion noch nicht als Minister vereidigt war, auch ohne viel Vorbereitung, nur gefüttert mit den Witzen von Brugger angst- und schmerzbefreit auf die Bühne.
Am Ende hat sein etwas steifer, aber auch mutiger Auftritt mehr Witz als der von Hummels und später, als Einspringer, auch von Kramer: zwei Weltmeister, die von Verletzungen geplagt das Fußballer-Vorurteil bestätigen, dass ihnen das Spiel mit Ball besser liegt als der Auftritt am Mikrofon.
Alle fünf Folgen auf Amazon Prime.