Auszeichnung fürs "City": Es lebe das Gemeinschaftserlebnis!
"Das ist Kino für Schlaue": So lautete einmal die Blitzanalyse eines Jugendlichen, der sich vor einer Schulvorstellung die Plakate im Innenhof der City-Kinos ansah, wie sich Theaterleiter Holger Trapp erinnert. Dieses Jahr wird das Münchner Lichtspieltheater als bestes Kino Bayerns ausgezeichnet. Bei der Verleihung am 18. November in Würzburg wird Digitalministerin Judith Gerlach die Entscheidung detaillierter begründen - aber im Kern wird sie dem Schüler nicht widersprechen.
91 Kinos erhalten vom FFF Bayern Prämien für ihre Programme, die Gesamtsumme von 1,35 Millionen Euro ist so hoch wie nie. Das City mit dem dazugehörigen Atelier ist nach Theatiner Film das zweite Münchner Kino in Folge, das die Spitzenprämie erhält: Sie wurde dieses Jahr von 20.000 auf 30.000 Euro erhöht.

Gestiegene Energiekosten treffen auch das "City"
Das Geld kommt gelegen. Die gestiegenen Energiekosten werden das stromintensive Kino treffen - wie hart, werde sich erst in den nächsten Monaten herausstellen, so Geschäftsführer Bruno Börger. Und wie überall sind die Zuschauerzahlen stark zurückgegangen: 2021 waren die City-Kinos erst monatelang geschlossen, dann lagen die Zahlen um 40 Prozent niedriger als 2019.
In diesem September waren die Zahlen erstmals so gut wie 2019 - doch im Oktober sind sie wieder eingebrochen. "So wie die Temperaturen nach oben gegangen sind, sind die Besucherzahlen nach unten gegangen", sagt Trapp. "Wir sind halt immer noch dem Wetter ausgesetzt", ergänzt Börger. Beide feiern dieses Jahr ihr zwanzigjähriges Jubiläum im City, und im Gespräch merkt man, wie eingespielt die zwei studierten Geisteswissenschaftler sind: Stets ergänzt einer den anderen.
Viele Ältere trauen sich noch nicht ins Kino, sagen sie, aber es werde auch schwieriger, die jungen Leute zu erreichen. "Im Multiplexkino wächst das Publikum von alleine nach, weil sie sich das Publikum schon ab dem Kindergartenalter heranziehen", sagt Trapp. Im Arthouse-Bereich muss man kreativer sein, um neue Zuschauer zu gewinnen. "Wir versuchen an allen Stellschrauben zu drehen", so Trapp. Im City finden Schulvorführungen statt, aber auch Pressevorführungen, außerdem können Unternehmen die Säle und die angeschlossene "Filmwirtschaft" mieten.
Umsatz und Gäste durch Vermietung der "Filmwirtschaft"
Das beschert dem Kino Umsatz - und Gäste, die das City noch nicht kennen. Das Gleiche gilt für Kooperationen mit Institutionen wie der Israelitischen Kultusgemeinde, über deren Verteiler neue potenzielle Kunden kommen. Wichtig sind auch Reihen wie MonGay: Seit über 25 Jahren laufen montags queere Filme, und viele Zuschauer sind auch an den anderen sechs Wochentagen Stammgäste geworden.
Für die Kundenbindung seien auch Previews, Premieren und Festivals wichtig, bei denen die Zuschauer erleben können, was die Streamingdienste nicht bieten: das Gespräch mit Regisseuren oder Schauspielerinnen. Filmfest, Dok.fest, Filmkunstwochen und kleinere Festivals finden hier statt. "Selbst beim Fantasy Filmfest kommen die Besucher wieder, wenn es ihnen gefallen hat", sagt Trapp, "obwohl wir nur selten Horrorfilme zeigen".
Doch so lauschig die Atmo-sphäre im Innenhof zwischen Bäumen und riesigen gemalten Filmplakaten auch ist: Die Stimmung ist im Moment angespannt. "Die Leute sind nervöser", sagt Trapp. Manche Zuschauer regen sich fürchterlich auf, wenn der Einlass ein bisschen später beginnt oder die Lautstärke nach ihrem Empfinden nicht passt.
"Manche mokieren sich, wenn eine Auto-Werbung zu sehen ist - selbst wenn's ein E-Auto ist", sagt Trapp. "Aber die Werbung können wir nicht auch noch kuratieren", ergänzt Börger. Er habe in letzter Zeit auch das Gefühl, dass sich manche Gäste mit Tickets oder Popcorn Aufmerksamkeit erkaufen wollen. Aber wenn es voller wird, können die Mitarbeiter keine längeren Gespräche führen.
Neues Geschäftsmodell: Kino-Abo statt Streaming
Gegründet wurde das Kino an der Sonnenstraße 1959, der Komplex war vom Eigentümer - dessen Enkel noch heute die Immobilie besitzt - als Lichtspieltheater geplant worden, damals mit nur einem Saal mit 1.080 Plätzen. Das Volkstheater grenzte an, nach seinem Umzug wurden die Räume 1972 zum Atelier umgebaut.
Heute leitet Börger das Kino gemeinsam mit Heinrich-Georg Kloster, dessen Yorck-Gruppe in Berlin 13 Kinos betreibt. Die City-Kinos partizipieren an vielem: Kassensystem, Online-Ticketing, Website, Marketing, einem Printheft. "Das könnten wir hier mit unserer Manpower gar nicht leisten", sagt Trapp. "Allein weil man mittlerweile auf so viele IT-Fachkräfte angewiesen ist."
Und auch eine neue Idee haben die City-Macher erfolgreich von Yorck übernommen: das Abo-Modell. Mit der "Unlimited"-Karte kann man für 20 Euro im Monat unbegrenzt oft ins Kino gehen, Mindestlaufzeit ist ein Jahr. Es ist nur wenig teurer als ein Netflix-Abo, bietet aber mehr als nur Filme. "Und wir glauben aus tiefstem Herzen daran", sagt Bruno Börger, "dass die Menschen auch in Zukunft dieses Gemeinschaftserlebnis Kino wollen."
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- Judith Gerlach