„Kämpfen bis zur letzten Sekunde“ – Debatte um Amerika-Haus
Das bayerisch-amerikanische Zentrum will bis zur letzten Sekunde kämpfen – prominent unterstützt von Fritz Stern und Bill Clinton.
Wenn die US-Amerikaner dem Ausgang ihrer Präsidentschaftswahlen entgegenfiebern, tun sie das auch in München - und viele von ihnen im Amerika-Haus. Dort findet in der Nacht zum Mittwoch eine große Wahlparty statt. Wenn nicht noch ein Wunder geschieht, wird es aber die letzte am Karolinenplatz sein. Denn laut Beschluss des bayerischen Kabinetts aus dem vergangenen Jahr ist das Schicksal des Hauses besiegelt.
„Bayerns transatlantisches Zentrum“, wie die Institution sich selbst nennt, muss Platz machen für die Deutsche Akademie für Technikwissenschaften (Acatech). Wohin das Amerika-Haus dann ziehen soll, das steht noch in den Sternen. „Wir sind in Gesprächen mit der Staatsregierung“, sagt Direktor Raimund Lammersdorf. Das Haus gehört dem Freistaat Bayern. Im Sommer dieses Jahres einigten sich das Bayerisch-Amerikanische Zentrum im Amerika-Haus, das pro Jahr rund 600 000 Euro vom Freistaat bekommt, und die Staatsregierung auf eine Übergangsregelung: Bis zum Start der vom Freistaat zum Großteil finanzierten zweijährigen Renovierungsarbeiten darf das Zentrum bleiben. Wenn Anfang Januar 2014 die Handwerker anrücken, muss es verschwunden sein.
„Das war eine einvernehmliche Vereinbarung mit dem Bayerisch-Amerikanischen Zentrum“, sagt ein Staatskanzlei-Sprecher. Ein Grund, die Hoffnung aufzugeben, ist das für Direktor Lammersdorf aber noch lange nicht. „Wir haben – auch den Münchnern gegenüber – die Verpflichtung, bis zur letzten Sekunde zu kämpfen“, sagt er. „Wir hoffen, dass die klare Meinung der Öffentlichkeit in der Staatskanzlei auch wahrgenommen wird.“
Dass der Freistaat das Haus nun der Technikakademie geben will, hat bei vielen Münchnern Unmut, wenn nicht sogar Empörung hervorgerufen. Im Sommer umarmten rund 600 Menschen das Haus, um zu zeigen: Es soll alles so bleiben, wie es ist. Und auch aus den USA kam Unterstützung: Der Historiker Fritz Stern von der Columbia University schrieb im August „aus reiner Bestürzung“ einen Brief an Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU). Ex-Präsident Bill Clinton, der 2002 im Amerika-Haus mit bayerischen Studenten diskutiert hatte, hatte Direktor Lammersdorf geschrieben: „Da unsere Welt immer verflochtener wird, sind kulturelle und pädagogische Einrichtungen wie das Amerika Haus unerlässlich, um die Partnerschaften und die Kommunikation auszubilden, die wir brauchen, um uns den drängendsten internationalen Themen zu widmen.“
Auch die Vizepräsidentin des rund 4000 Mitglieder starken Verbandes der Deutsch-Amerikanischen Clubs, Elisabeth Wittig, hält einen Umzug für ein falsches politisches Signal. „Man darf ein Zeichen deutsch-amerikanischer Freundschaft nicht aus der Innenstadt verbannen“, sagt sie. Institutionen wie das Amerika-Haus trügen viel zur Völkerverständigung bei. Das Interesse deutscher Studenten an Studienaufenthalten in den USA sei ungebrochen. „Amerika war eine Zeit lang schlecht beleumundet. Das hat sich seit Obama natürlich geändert. Aber wir hatten auch in der Busch-Zeit keinen Rückgang an Bewerbungen.“
Die SPD will das Thema in der kommenden Woche wieder auf die politische Agenda heben. Schließlich sei das Haus ein Geschenk der Amerikaner an die Münchner. „Und ich habe gelernt, dass man Geschenke nicht einfach weiter verschenken darf“, sagt die kulturpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Isabell Zacharias, die in der kommenden Woche eine Pressekonferenz mit Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) plant. Die Technikakademie freut sich auf das neue Haus mit „zentraler Lage und ausreichenden Räumlichkeiten für Büros und Veranstaltungen“, wie Generalsekretär Michael Klein sagt. Zacharias' Gegenvorschlag: „In der Residenz ist genug Platz.“
Dort räumt das Museum Ägyptischer Kunst das Feld, um in den gemeinsamen Neubau mit der Hochschule für Fernsehen und Film (HFF) zu ziehen. „Für mich gibt es keinen Grund, warum das Amerika-Haus raus muss“, sagt sie. Nach SPD-Angaben sollte das Amerika-Haus eigentlich am kommenden Mittwoch, einen Tag nach der Präsidentschaftswahl, Thema im Kulturausschuss des Landtags sein – das wurde aber kurzfristig geändert. Die Pressekonferenz von Zacharias und Ude soll es trotzdem geben. Clinton schrieb schon vor einem Jahr in seinem Brief: „Ich wünsche Ihnen und dem Amerika-Haus München alles Gute für die Zukunft.“