Der Kampf ums Kino am Sendlinger Tor

Über 10.000 Menschen haben eine Petition zum Erhalt des Filmtheaters unterstützt.
Adrian Prechtel
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Oliver Preßmar (von links), Mathias Pfeil, Robert Brannekämper und Fritz Preßmar im Filmtheater am Sendlinger Tor.
Oliver Preßmar (von links), Mathias Pfeil, Robert Brannekämper und Fritz Preßmar im Filmtheater am Sendlinger Tor. © Sigi Müller

München - Vielleicht ist in dem Kampf um das Kino am Sendlinger Tor schon mit fünf Worten das Wichtigste gesagt: Es ist 108 Jahre alt. Auch wenn ein Großteil der Ausstattung aus der Zeit der Wiedereröffnung nach dem Zweiten Weltkrieg - also von 1949 - stammt. Und es heißt nicht umsonst "Filmtheater".

Am Montag ist nun der Gerichtstermin, bei dem sich die Betreiberfamilie Preßmar gegen eine Räumungsklage wehrt, die das Kino zum 30. Juni zum Auszug zwingen würde. Der Streit zwischen den Hauseigentümern und der Familie Preßmar ist über acht Jahre alt, als die Eigentümergemeinschaft dem Kino schon einmal den Pachtvertrag kündigen wollte, um mehr Rendite zu erwirtschaften.

Denkmalschutz für das Kino am Sendlinger Tor?

Um das Kino zu retten, übergab Kinobetreibersohn Oliver Preßmar dem Vorsitzenden des Landtagsausschusses für Wissenschaft und Kunst, Robert Brannekämper, im Kino eine Petition: "Über zehntausend Unterschriften sind eine schöne Zahl, sie wäre sogar fünfmal so hoch, wenn wir nicht monatelang hätten schließen müssen", sagte Preßmar. "Aber das Schönste ist: 2.400 Leute haben mehr als nur unterschrieben: Sie haben noch dazugeschrieben, was sie mit dem Filmtheater am Sendlinger Tor verbinden". Und da wird selbst der CSU-Abgeordnete ein wenig sentimental: "Es ist eben nicht nur der Film, an dem man sich beim ersten Kuss erinnert, sondern eben vor allem der Ort."

Brannekämper ist sich sicher, dass der Ausschuss und der Landtag die Petition vorbehaltlos unterstützen und die Bayerische Staatsregierung anweisen werden, alles zum Erhalt des Kinos zu tun. Hier kommt ein weiterer Herr ins Spiel, der ebenfalls zum Ortstermin gekommen ist, der Generalkonservator des Landesamtes für Denkmalschutz, Mathias Pfeil. Und der sagt den entscheidenden Satz, der für den Gerichtstermin am Montag hoffnungsvoll stimmt: "Man kann zwar keine Nutzungsform unter Denkmalschutz stellen. Aber dieses Kino ist in seiner Gesamtheit mit allen Einbauten unter Denkmalschutz. Da wird eine andere Nutzung schwer möglich sein."

 

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Was also erhoffen sich die Hauseigentümer von der Räumung? Fritz Preßmar, der das Kino schon von seinem Vater übernommen hat und jetzt mit seinem Sohn Christoph weiterbetreibt, ist vorsichtig optimistisch: "In der Neuhauserstraße fallen - beschleunigt durch Corona - die Mieten. Eine Disco hier reinmachen oder einen Club, geht schon wegen der Brandschutzauflagen nicht ohne Millioneninvestition. Und wir haben den Eigentümern einen hohen Pachtzins angeboten. Es ist auch wirtschaftlich nicht vernünftig, uns rauszusetzen."

5 Millionen statt 250.000 Euro für Denkmalschutzverstöße

Preßmar rechnet vor, dass die Hauseigentümer seit 1949 inflationsbereinigt 18 Millionen Euro verdient hätten, so dass man sich nicht beklagen könne. Und wenn man das Kino doch einfach umbaut - trotz Denkmalschutz? Da ist das Schwert des Gesetzes schärfer geworden: "Gerade passiert eine Gesetzesnovelle den Landtag, die das Bußgeld bei Denkmalschutzverstößen verzwanzigfacht: statt 250.00 Euro, was für manche Bauherren Peanuts waren, nun fünf Millionen Euro", sagt Brannekämper. Oliver Preßmar, der die Petition initiiert hat, ergänzt: "Auch die Stadt München ist auf unserer Seite. OB Dieter Reiter unterstützt die Petition - und die zuständige untere Denkmalschutzbehörde ist städtisch." So geht man einigermaßen optimistisch vor Gericht. Sollte es eine Einigung geben, wäre das Filmtheater gesichert - zumindest bis 2025. Dann läuft der Pachtvertrag, der alle fünf Jahre verlängert werden kann, wieder aus. Fritz Preßmar resümiert gelassen: "In der Münchner Innenstadt gab es, als wir anfingen, 26 Kinos. Heute sind es noch fünf: Wer überlebt hat, zeigt, dass er überleben kann und ist beliebt!"

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