Das Salz in der Suppe

Die Umbauphase hat begonnen: Ulrich Peters, der scheidende Hausherr des Gärtnerplatztheaters, über seine Inszenierung von Verdis „Falstaff” und Gefühle beim Abschied von München
von  Robert Braunmüller

Das Gärtnerplatztheater ist auf Wanderschaft. Seine Werkstätten sind nach Giesing in die ehemalige Hochschule für Fernsehen und Film umgezogen. Die erste Premiere der Umbauphase findet am Freitag im Prinzregententheater statt. Der scheidende Hausherr Ulrich Peters inszeniert Giuseppe Verdis Abschiedswerk, die komische Oper „Falstaff”.

AZ: Herr Peters, ist „Falstaff” nicht eine Nummer zu groß für das Gärtnerplatztheater?

ULRICH PETERS: Das finde ich nicht. „Falstaff” ist ideal für ein perfekt eingespieltes Ensemble, wie wir es hier haben. Deshalb passt diese Oper zum Schluss. Außerdem steht sie derzeit nicht auf dem Spielplan der Bayerischen Staatsoper.

Hätten Sie „Falstaff” auch am Gärtnerplatz gespielt?

Nein. Aber wenn wir schon im Prinze spielen, wollen wir zeigen, was unser Orchester kann. Akustisch ist das Haus dafür ideal, im Gärtnerplatztheater wäre der Orchestergraben für späten Verdi zu klein.

Muss man damit rechnen, dass aus Rache für Ihre Nichtverlängerung am Ende eine Puppe des Kunstministers Wolfgang Heubisch verbrannt wird?

Überhaupt nicht. Allerdings ist „Falstaff”, wie ich ihn sehe, durchaus eine Auseinandersetzung mit dem Publikum. Die Titelfigur spielt ständig verschiedene Rollen. Falstaff nimmt es mit der Wahrheit nicht so genau, er kann Fiktion und Realität nicht mehr trennen – das steckt die bürgerliche Welt an. Verdi und sein Textdichter orientieren sich dabei weniger an Shakespeares „Lustigen Weibern von Windsor” als an „Heinrich IV.”, wo die Figur ebenfalls auftritt.

Also ein wenig Theater auf dem Theater?

Bei uns spielt das Stück daher in einer Art Kantine oder Theaterkneipe, wo ich öfter solchen Typen begegnet bin. Falstaff sagt am Ende: „Ich bin das Salz in eurer Suppe”. Das heißt: Ohne mich wärt ihr immer noch so langweilig wie zuvor. Und das streift eine Frage, die mich als Intendant mit zunehmendem Alter umtreibt: Was können wir mit Theater bewirken?

Wie lautet Ihre Antwort?

Die Welt können wir gewiss nicht verändern. Aber wenn das Theater die menschliche Fantasie anregt, ist das eine ganze Menge. Das passiert in „Falstaff” mit den Bürgern von Windsor.

Ist Falstaffs „Alles ist Spaß auf Erden” auch Ihre Bilanz zum Abschied?

Nein, ich ziehe mich ja nicht zurück, sondern mache in Münster als Generalintendant weiter. Ich habe in München viel gelernt, aber ich weiß bis heute nicht, wie das Profil des Gärtnerplatztheater aussehen müsste. Das Haus zieht sehr verschiedenes Publikum an. Wir hatten großen Erfolg mit exotischen und modernen Stücken. Aber auch Operetten in traditioneller Form liefen gut.

Und was lief nicht?

Nicht ernst genommene Operetten, leider auch Spielopern. Barockes und Mozart funktionieren dagegen gut. Am besten zogen unsere Stücke für die ganze Familie – aber es ist sehr schwer, damit einen Spielplan zu gestalten

Wie fangen Sie in Münster an?

Mit Rossinis „Barbier von Sevilla” - aber das ist nicht der ursprüngliche Plan. Ich wollte eigentlich mit „Benvenuto Cellini” von Hector Berlioz beginnen. Im Schauspiel geht es los mit Schillers „Räubern” und einer Uraufführung.

War es im Rückblick falsch, von Augsburg ins nahe München zu wechseln?

Andersherum wäre es mir lieber gewesen: Von Augsburg nach Münster und dann erst nach München. Aber unterm Strich bin ich glücklich, einmal Intendant des Gärtnerplatztheaters gewesen zu sein.

Premiere am Freitag, 18. Mai, 19.30 Uhr. Weitere Vorstellungen am 22., 23., 26. und 27. Mai sowie im Juni, Tel. 21 85 19 60

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.