Das Leben ist kein Spiel

Schwere Reiter: Christiane Pohle inszeniert mit "Spieler" einen nicht wirklich geglückten Dostojewski-Digest
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Schwere Reiter: Christiane Pohle inszeniert mit "Spieler" einen nicht wirklich geglückten Dostojewski-Digest

Die Russen sind in der Stadt! Nach Gorkis „Anna Karenina“ im Volkstheater sind die „Spieler“ von Dostojewski im Schwere Reiter angekommen – mit 200 Seiten aber kein Literatur-Brocken von vierstelligem Seitenumfang, wie man ihn an Russen-Romanciers so liebt. Auf den kommt Regisseurin Christiane Pohle, zuletzt häufiger Gast an den Kammerspielen, in der Kombination mit dem 800-Seiter „Ein grüner Junge“ aus dem Spätwerk Dostojewskis dennoch.

Das Doublefeature relativiert das „Nichts geht mehr“ an den Spieltischen: Das Leben ist nicht nur kein Spiel, sondern geht nach jedem Spiel weiter. Ist der erste Teil in der mondänen Stadt Roulettenburg eine kantige Choreografie der Gier und der Macht, folgt nach der Pause ihr Echo als ein düsteres Nachtstück mit Liebesdrama und Familientragödie.

Harte Schnörkellosigkeit

Das Ungewöhnliche dieses Dostojewski-Digests sind die Bedingungen: Erstmals tat sich in München eine Truppe der freien Szene mit einem Stadttheater zusammen. Das Pathos München – bisher Pathos Transport Theater, dessen Ex-Chef Jörg Witte mit starker Präsenz zu den Mit-„Spielern“ gehört – kooperiert mit dem Theater Basel. Schon das Bühnenbild demonstriert die neuen Möglichkeiten: Eine so monströse Deko wie die Spielbank-Lobby von Duri Bischoff gab es an dieser Stelle noch nie.

Die schauspielerische Ausbeute ist indes ernüchternd. Motivationsfrei eingesetzte Stilmittel wie lange Textloops, Herumbrüllen mit Mikrofon oder Herumrennen ohne Ziel sind nur noch modische Konventionen zeitgenössischen Inszenierens, die so sinnerhellend sind wie Minirock-Dirndl auf der Wiesn traditionell. Da wird viel Zeit vertheatert zwischen Mono- und Dialogen, deren Intensität gelegentlich aber unerwartet fesselt. Das betrifft vor allem den Vater-Sohn-Konflikt im zweiten Teil, den Spieler Alexej (Andreas Patton) und sein verstoßenes Kind Arkadij (Pascal Lalo) in harter Schnörkellosigkeit austragen.

Mathias Hejny

Schwere Reiter, bis Sonntag, 19.30 Uhr, Tel. 0152/05435609

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