"Twelfth Night" im Prinzregententheater: Sündhaft teure Stadt
Die Komponistin und Librettistin Shaina Taub verwandelte mit dem Dramatiker Kwame Kwei-Armah die romantische Komödie "Was ihr wollt" von William Shakespeare in ein Musical, das 2016 in New York uraufgeführt wurde. Die Theaterakademie feiert mit der deutschen Erstaufführung das 25-jährige Bestehen des Studiengangs Musical, der seit 10 Jahren von Marianne Larsen geleitet wird.

AZ: Frau Larsen, was erwartet den Zuschauer bei "Twelfth Night"?
MARIANNE LARSEN: Gereizt hat mich, dass wir "Twelfth Night" als deutsche Erstaufführung herausbringen können und dass dieses Musical von einer Frau stammt. Ganz generell spielt mein Geschmack bei der Auswahl eine geringe Rolle: Das Stück muss vor allem zu unseren Absolventinnen und Absolventen passen. Und diese Suche erfordert oft Detektivarbeit.
Wie verhält sich das Musical zur Vorlage?
Es erzählt eins zu eins die Handlung und verwendet auch den Originaltext. Die Musik bewegt sich zwischen Jazz und Motown. Die siebenköpfige Band ist ins Bühnengeschehen integriert. Das Stück entstand ursprünglich für eine Aufführung im Central Park in New York, an der Laien und Profis mitgewirkt haben.
Wie entstand der Studiengang vor 25 Jahren?
Der damalige Präsident August Everding erkannte, dass Musical mehr ist als eine gelegentliche Aufführung von "My Fair Lady". Damals setzte eine Spezialisierung unter den Darstellern ein, auf die dieser Studiengang unter seinem ersten Leiter Georg Malvius reagierte. Ich war damals und unter seiner Nachfolgerin Vicky Hall bereits als Gesangsdozentin dabei. Auch Jochen Schölch, der heutige Leiter des Studiengangs Schauspiel, gehörte mit anderen zu den Lehrenden der ersten Stunde.

Wie haben sich die Anforderungen seither verändert?
Das Musical ist vielfältiger geworden. Die Darsteller müssen viele Stile zwischen den Klassikern wie "My Fair Lady" und aktuellen Werken beherrschen. Dem versuchen wir im Studium gerecht zu werden.
Sie selbst haben als Opernsängerin begonnen.
Ich wurde immer gewarnt, dass ich nach Musical keine Oper mehr singen könnte. Es ist mir aber gelungen, Oper, Operette und Musical in meiner gesamten Bühnenkarriere zusammenzubringen. In unserer Ausbildung bildet der klassische Gesang die gemeinsame Basis. Dann beginnen wir mit Pop-Stilistik und fördern es, wenn sich einzelne Stimmen in Richtung Rock oder Chanson entwickeln. Diese Entwicklung braucht Zeit.
Wie wird sich das Musical weiterentwickeln?
Die tänzerischen Anforderungen sind gestiegen. Ich wage keine Prognose für die Zukunft: Das Genre hat sich immer sehr überraschend weiterentwickelt. In Deutschland neigt man ein wenig dazu, das Genre einzuengen. In England und den USA bedeutet "Musical Theatre" einfach nur Theater mit Musik. Da steckt viel mehr Potenzial für Entwicklung drin. Stephen Sondheims "Sweeny Todd" ähnelt in vielem einer Oper, "Matilda" hat wenig Text und viele Tanzszenen. Die Stärke des Genres ist seine Vielfalt, die ein breites Publikum anspricht. Und für mich persönlich ist kein Stück mehr Musical als ein anderes.

Nicht ganz grundlos nennen Sie keine deutschen Beispiele. Gute deutsche Musicals sind eher selten.
Da ist etwas dran. Vielleicht steckt das deutsche Musical noch in den Kinderschuhen. Aber es gibt spannende Werke wie Marc Schubrings "Gefährliche Liebschaften" oder "Wenn Rosenblätter fallen" von Kai Hüsgen. Wir haben an der Akademie nur das Problem, dass die Anforderungen deutscher Musicals schlecht zu unseren Möglichkeiten passen. Ich kann hier beispielsweise mangels älterer Darsteller kein Mehrgenerationenstück machen.
Kommen Ihre Studierenden in der Praxis unter?
Unsere Absolventinnen und Absolventen sind gut unterwegs. Wir laden überregional zu unseren Aufführungen ein, außerdem veranstalten wir gemeinsam mit anderen staatlichen Musicalstudiengängen jährlich ein sogenanntes Intendantenvorsprechen, zu dem Agenten und Caster eingeladen werden.
Demnach ist alles im grünen Bereich?
Nicht ganz. München ist eine sündhaft teure Stadt. Wer an der Theaterakademie studiert, hat keine Zeit für Nebenjobs. Die Bologna-Reform hat die Lage noch verschärft. Und das führt dazu, dass Talent allein nicht reicht - man muss sich das Studium auch finanzieren können. Zum Glück werden einige unserer Studierenden durch Stipendien der August Everding Stiftung unterstützt.
Premiere am 11. November um 19.30 Uhr im Prinzregententheater. Weitere Vorstellungen am 13. (18 Uhr), 15., 17. und 19. November. Karten online und unter Telefon 2185 1970
- Themen:
- Prinzregententheater