Preisgekrönte Frotzelschlachten mit Suchtpotenzial
Feten zum Zehnjährigen sind Kindergeburtstage, und die Band von Ariane Müller und Julia Gámez Martin ist jetzt zehn Jahre alt. Statt Topfschlagen und Wurstschnappen laden sie in ein "Bällebad forever". Freilich sind die Bälle nicht nur Mikroplastik, sondern richtiges Makroplastik, was zum ersten Streit unter den Musikcomedy-Amazonen führt.
Die mehrfach preisgekrönten Frotzelschlachten zwischen der Pianistin aus Ulm und der Sängerin aus Berlin gehören zum Markenkern von Suchtpotenzial. Beim Thema Nachhaltigkeit fliegen die Fetzen, denn während Ariane vier Mal im Jahr nach Mallorca reist, betreibt Julia zwei Kühlschränke für das Bier. Vom Dosenbier naschen beide gerne in ihrem vierten Programm, auch wenn sie ihre Musik als Alkopops ankündigen. Die nicht durchweg jugendfreien Songs sind hochklassig und häufig als Duette arrangiert.
Die Träume der Superheldinnen
Etwaige Grenzen musikalischer Stile oder des so genannten guten Geschmacks werden dabei nicht brutal niedergerissen, sondern weitgehend und charmant ganz einfach ignoriert. Mit dem Gospelsong "Das Bällebad ist in Euch" führen sie auch diejenigen, die noch nicht zu ihren Jüngern gehören sollten, auf den richtigen Weg.
Sie können aber auch gefühlvolles Chanson und triumphales Musical. Sogar die Frage, wer die Welt jede Nacht rettet, ist endlich beantwortet, denn nach den Auftritten verwandeln sich die beiden Kleinkünstlerinnen in die Supersüchtis. Die Geschichte der Superheldinnen soll jetzt in Hollywood verfilmt werde. Eigentlich wollten die Kaulitz-Brüder Ariane und Julia spielen, "aber Heidi sagte nein".
Der Nacktwaran als Krafttier
Jetzt übernehmen die "Supernasen" Mike Krüger und Thomas Gottschalk. Die Filmmusik machen Sie natürlich selbst und präsentieren sie als Supernummer der Show. Dann verkrachen sie sich über Astrologie und stellen fest, dass sie gar nicht zusamenpassen, denn Ariane ist Zwilling und Julia Krebs. Einigkeit herrscht schließlich beim gemeinsamen Krafttier, dem Nacktwaran, einer Kreuzung aus Komodowaran und Nacktmull.
Aus solch üppig blühendem Quatsch entsteht immer wieder übermütige Frauenpower, wenn etwa aus der vergifteten Huldigung von Männern, die den Frauen notorisch die Welt erklären, der Ballermann-Kracher "Dumm fickt gut" wird. Fürs bildungsbürgerliche Publikum erklingt er auch als italienische Oper. Es versteht sich von selbst, dass Julia Gámez Martin auch in Sopran- und Tenorlagen sowie den Chor schmettern kann. Und so geschah es am Ende von drei Stunden süchtig machender Lustigkeit im Lustspielhaus, dass die weiblichen Fans bei der München-Premiere die etwas andere Feminismus-Hymne von Suchtpotenzial mitgrölten: "Männer, wir sind genauso Scheiße wie ihr!"
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