Joachim Król: München ist seine Schicksalsstadt

Die 55. Internationalen Hofer Filmtage enden mit Ehrungen für Julia von Heinz und Joachim Król.
Margret Köhler |
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Julia von Heinz mit Festivalleiter Thorsten Schaumann (li.) und Rosa von Praunheim.
Julia von Heinz mit Festivalleiter Thorsten Schaumann (li.) und Rosa von Praunheim. © Festival

"Schwester bleibe trotzig und unbequem" forderte Laudator Rosa von Praunheim Regisseurin und Drehbuchautorin Julia von Heinz in seiner Rede auf und attestierte ihr, eine Kämpferin zu sein. Sie erhielt den Filmpreis der Stadt Hof, der wichtige Impulsgeber für den deutschen Film auszeichnet und befindet sich damit in guter Gesellschaft mit Preisträgern wie Alexander Kluge, Hans-Christian Schmid oder Christian Petzold. Ein Männerverein, wurden seit 1986 vor ihr nur sieben Filmemacherinnen ausgezeichnet, darunter Doris Dörrie und Barbara Albert.

Erstmals 2003 bei den Hofer Filmtagen vertreten

Erstmals kam Julia von Heinz 2003 mit ihrem Kurzfilm "Lucie & Vera" nach Hof, gefolgt von Filmen wie der Doku "Standesgemäß" und der romantischen Komödie "Hannas Reise". 2020 eröffnete ihr Antifa-Drama "Und morgen die ganze Welt" die Hofer Filmtage, in diesem Jahr präsentierte sie den Film "Isolation", eine Kollektivarbeit mit vier weiteren Filmemachern, die sich subjektiv mit der Pandemie-Situation auseinandersetzen.

In ihrem sehr persönlichen und starken Beitrag "Meine Väter" geht um Tod und Verlust ihres Vaters, der gegen seine heimliche Homosexualität lebte, und um Praunheim, ihren Ersatzvater und Mentor.

Neben "Das schwarze Quadrat" viele exzellente Nachwuchsfilme

Dass in derselben Veranstaltung der mit 10.000 Euro dotierte "Förderpreis Neues Deutsches Kino" für den besten Nachwuchsfilm ausgerechnet an die Klamotte "Das schwarze Quadrat" von Peter Meister ging, verwundert sehr, gab es doch exzellente und preiswürdigere Nachwuchsfilme wie Max Feys "Zwischen uns", eine sensible und berührende Betrachtung der Beziehung einer alleinerziehenden Mutter zu ihrem autistischen Sohn, oder Florian Anders' "Ich kauf mir deine Angst", die brutale Abrechnung mit Geldgier und Kapitalismus.

Zwei Preise gingen an Studenten der HFF München: Den erstmals ausgelobten Kurzfilmpreis gewann Marlena Molitor für ihren Dokumentarfilm "Erwachsen oder sowas", Lukas Röder teilte sich den "Hofer Goldpreis" (36.000 Euro in Gold und einer einjährigen Mentorenberatung) für "Gehirntattoo", die Innenansicht eines schizophrenen Menschen, mit Alisa Kolosovas "Charly", über eine Reise aus Liebeskummer mit ungewöhnlichen Begegnungen.

Hommage an Joachim Król ist Highlight des Festivals

Ein Highlight des Festivals war die Retrospektive mit Filmen des Schauspielers Joachim Król. "Wenn einem Schauspieler in der Mitte seines Lebens eine Hommage in Hof, dem ,Home of Films' gewidmet wird, kann man das gar nicht hoch genug einschätzen. Ich fühle mich geehrt, geliebt und gefeiert", kommentiert der 64-Jährige die Würdigung. Król prägte den Aufbruch des jungen deutschen Kinos der 90er Jahre, in den neun ausgewählten Filmen seit 1993 spiegeln sich fast drei Jahrzehnte deutschen Filmschaffens.

"In allen Filmen stecken Erinnerungen an wunderbare Erlebnisse und unvergessliche Begegnungen. Sie liegen mir alle noch am Herzen" begründet er die Auswahl, darunter Sönke Wortmanns "Der bewegte Mann", Rolf Schübels "Gloomy Sunday - Ein Lied von Liebe und Tod" oder Caroline Links "Der Junge muss an die frische Luft".

Die Karriere des Bergmannssohns aus Herne begann ausgerechnet in München, dabei "wollte ich überall hin nur nicht nach München" gesteht er. Trotzdem studierte von 1981 bis 1984 an der Falckenberg-Schule. In den ersten Berufsjahren fühlte er sich "kreuzunglücklich" und fast schicksalhaft verschlug es ihn immer wieder nach München.

Kennenlernen mit Doris Dörrie änderte viel

Während eines Besuchs bei Ulrike Kriener lernte er deren Mitbewohnerin Doris Dörrie kennen, mit der er 1998 "Bin ich schön?" drehte. Die Münchner Casting-Agentin An Dorthe Braker hatte ihn schon lange auf dem Schirm und vermittelte ihm ein Engagement in "Rote Erde" und die Traumrolle des Analphabeten Kipp in Detlev Bucks "Wir können auch anders" - eine Figur, die ihn bis heute nicht loslässt und mit der er sich immer noch gerne "austauscht".

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Mit München hat er schon lange seinen Frieden gemacht, hier wurde er mit dem Bayerischen Filmpreis für Tom Tykwers "Die tödliche Maria" ausgezeichnet, die 1993 in Hof Premiere feierte, Helmut Dietl besetzte ihn in "Rossini" als den Bestsellerautor Jakob Windisch, der die Öffentlichkeit scheute wie der Teufel das Weihwasser. Im Rückblick erinnert er sich: "Was Helmut Dietl uns damals geschenkt hat, war einfach großartig." Ganz sportlich war er über Jahre Stürmer des FC-Hofer Filmtage. In diesem Jahr beließ er es beim Anstoß und feuerte das Filmtage-Team an, das mit 4:2 endlich mal wieder gewann gegen den FC Filmwelt aus Hof.

Familiäre Atmosphäre von Hof gefällt

Besonders gefallen im Frankenstädtchen haben ihm neben der familiären Atmosphäre von Anfang an "die Bratwurst, das traditionelle Fußballspiel und die Frisur von Heinz Badewitz", dem 2016 gestorbenen Gründer und Festivalleiter. Und was ist ihm von seinen ersten Filmtagen im Gedächtnis geblieben? Da schmunzelt er, "wer sich an seinen ersten ,Hofbesuch' erinnern kann, hat nicht richtig mitgemacht - und das kann von mir niemand behaupten".

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