"Il Giasone": Happy End für Medea

Francesco Cavallis Oper "Il Giasone" in der Reaktorhalle
| Robert Braunmüller
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Nach allen Gefühlsverwirrungen haben sich am Ende von Cavallis "Il Giasone" in der Reithalle alle sehr, sehr lieb.
Nach allen Gefühlsverwirrungen haben sich am Ende von Cavallis "Il Giasone" in der Reithalle alle sehr, sehr lieb. © Franz Kimmel

München - Monteverdi wird heutzutage mehr oder weniger an jeder Straßenecke gespielt. Aber sein Nachfolger Francesco Cavalli, der die höfische Fest- und Gelegenheitsveranstaltung in die großstädtische Theatergattung Oper verwandelte? Der ist immer noch was für Spezialisten.

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Das hat – wie nun an "Il Giasone" in der Reaktorhalle zu beobachten ist – auch mit lange nachwirkenden Vorurteilen und klassischer Bildungshuberei zu tun. Nero und Poppea treiben es zwar schon bei Monteverdi ganz schön schlimm, aber die mythologischen Figuren von "L'Orfeo" und "Il ritorno d'Ulisse in patria" bleiben der Sphäre des Erhabenen treu. Cavallis Opern haben mehr was vom Marvel Cinematic Universe und seinem kreativen Umgang mit Mythen. Das störte schon gebildete Zeitgenossen und rief akademische Reformatoren und Geschichtenreiniger auf den Plan.

Elmar Hauser mit natürlicher, unaffektierter Stimme

Die Titelrolle singt der exzellente Countertenor Elmar Hauser mit viel Geschmack und einer sehr natürlichen, unaffektierten Stimme. Der Held hat, wie alle Figuren dieser Oper, mindestens einen Charakterfehler: Er ist extrem treulos. Im Unterschied zu Euripides und Cherubini werden am Ende keine Kinder ermordet. Medea (Fee Suzanne de Ruiter) hat zwar auch dämonische Auftritte, sie ist aber wie ihre Gegenspielerin Isifile (Marianna Herzog) primär eine große Liebende, die sich am Ende mit Egeo (Sotris Charalampous) zufriedengibt.

Haozhou Hu singt und spielt den Demo exzellent

Bis dahin regiert der Hass der Geschlechter, als sei das Libretto von Strindberg. Die jungen Sängerinnen und Sänger kommen mit den überwiegend in Monologen und einigen seltenen Duetten ausgekosteten Gefühls-Extremen bestens klar. Komische Diener liefern den steigernden Kontrast. Auch da bleiben keine Wünsche offen: Haozhou Hu singt und spielt den Demo exzellent, der Bassist Isaac Tolley zeigt in gleich drei Rollen seine Wandlungsfähigkeit.

Werk entschlackt, aber nicht zerstört

Die Aufführung der Theaterakademie mit Studierenden der Opernklasse der Hochschule für Musik und Theater hat das im Wagner-Format komponierte Werk auf 100 pausenlose Minuten entschlackt, ohne es zu zerstören. Im Orchestergraben der Reaktorhalle sitzen eine Handvoll Streicher, eine Laute, Cembalo und Orgel. Maria Fitzgerald leitet das historisch informiert spielende Ensemble energisch und mit Power.

Die Inszenierung von Manuel Schmitt ist in ihrer historisch kostümierten Nacherzählung leider ein wenig altbacken. Einen guten Eindruck von der Weiterentwicklung der Oper in der Generation nach Monteverdi bekommt der Zuschauer trotzdem, dazu einen absolut erstklassigen Countertenor und das beruhigende Gefühl, dass auch die ältere Musik an der Hochschule mittlerweile so ernst genommen wird wie das allgegenwärtige 19. Jahrhundert.


Wieder am 26., 28. (19.30 Uhr) und am 30. Oktober (18 Uhr) in der Reaktorhalle

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