Kritik

Horst Evers im Lustspielhaus: Passwort in München, Torte in Travemünde

Der Kabarettist Horst Evers erzählt im Lustspielhaus auf unterhaltsamste Art Geschichten.
Mathias Hejny |
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Horst Evers im Lustspielhaus: Perlen des literarischen Kabaretts von einem, der zu den Miterfindern der deutschsprachigen Slam Poetry gehört. (Archivbild)
Horst Evers im Lustspielhaus: Perlen des literarischen Kabaretts von einem, der zu den Miterfindern der deutschsprachigen Slam Poetry gehört. (Archivbild) © picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild

München - Freiheit ist, zum Beispiel, an eine Bushaltestellte zu gehen, sich zu freuen, wenn der Bus kommt und dann nicht einzusteigen. Dieses Gefühl, etwas tun zu können, aber es trotzdem nicht zu tun, ist eine der Glücksstrategien von Horst Evers.

 

"Ich bin ja keiner, der sich an die große Glocke hängt"

Auf diese Weise habe er schon bis zu 40 Ziele am Tag nicht erreicht. Die meisten kennt er ohnehin schon und "ich muss da nicht noch mal hin". Von seinem bescheidenen Wesen kündet bereits der Titel seines aktuellen Solos, mit dem er im Lustspielhaus gastierte: "Ich bin ja keiner, der sich an die große Glocke hängt."

Der kleine rundliche Berliner mit niedersächsischem Migrationshintergrund ist ein Muster an Selbstkritik. Nur wenige fragen sich wie er bei einer Party: "Würde ich mich hinterher mit nach Hause nehmen?" Manchmal werde er gefragt, ob sich hinter seinen Titeln und Sprüchen ein tieferer Sinn verberge. Davon könne man ausgehen, meint er selbstbewusst. So bald er diese ganz großen Zusammenhänge selbst verstanden habe, werde er sie gerne erklären.

Bei Horst Evers wird Banales zu ganz großer Erzählkunst

Evers bekennt: "Ich habe eine Neigung zu ausführlichem Erklären", und das ist sehr gut so. Niemand kann so fesselnd erzählen, wie man den Anrufer einer telefonischen Meinungsumfrage über die Gesichtserkennung seines Mobiltelefons in den Wahnsinn treibt, denn er hat gar kein entsprechendes Gerät.

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Aber er hat "so viel Meinung", dass er froh ist, endlich befragt zu werden. Oder die Episode aus seiner Jugend, als er in Berlin als Taxifahrer jobbte. Nach höchstkomischer Odyssee durch die Stadt endet der Miniroman nicht nur mit einem dreistelligen Betrag auf dem Taxameter, sondern löst sich in einer ebenso herzerfrischenden wie herzzerreißenden Liebesgeschichte auf.

Das sind Perlen des literarischen Kabaretts von einem, der zu den Miterfindern der deutschsprachigen Slam Poetry gehört und zuverlässig zu den Witzigsten seiner Kunst. Egal, ob Marzipantorte in Travemünde, eine Cafébesucherin in München, die ihren Laptop mit dem Passwort "Wohersollichdasdennwissen" schützt oder wie es die sozialen Medien möglich machen, aus einem versehentlich versandten Einkaufszettel den bislang ungeschriebenen, aber schon massenhaft bestellten Bestseller "Möhren und Zucchini möglichst in Bio" zu machen - bei Evers wird das ganz große Erzählkunst.

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