Der Staat kann auch schnell bauen: Richtfest für das Probenzentrum des Residenztheaters

Das neue Proben- und Werkstattzentrum des Bayerischen Staatsschauspiels ist seiner Zeit vier Monate voraus
von  Robert Braunmüller
Der fertige Rohbau des Proben- und Werkstattzentrums des Bayerischen Staatsschauspiels. Das Gebäude steht in der Hohenlindener Straße hinter den Hochhäusern am Beginn der Passauer Autobahn.
Der fertige Rohbau des Proben- und Werkstattzentrums des Bayerischen Staatsschauspiels. Das Gebäude steht in der Hohenlindener Straße hinter den Hochhäusern am Beginn der Passauer Autobahn.

Das Raumvolumen, so Bayerns Bauminister Christian Bernreiter, entspreche dem der Frauenkirche. Die wurde zwischen 1468 und 1494 für damalige Verhältnisse zwar sehr schnell gebaut. Aber heute ist man noch schneller: Zwischen dem ersten Spatenstich des neuen Proben- und Werkstattzentrums des Bayerischen Staatsschauspiels und dem Richtfest sind nur eineinhalb Jahre vergangen. Der Termin konnte außerdem um vier Monate vorverlegt werden.

Karl Stock (Staatliches Bauamt Regensburg, von links), Andreas Beck (Intendant), Christian Bernreiter (Bauminister), Markus Blume (Kunstminister), Matthias Jakob (Implenia) im zukünftigen Malsaal des Staatsschauspiels.
Karl Stock (Staatliches Bauamt Regensburg, von links), Andreas Beck (Intendant), Christian Bernreiter (Bauminister), Markus Blume (Kunstminister), Matthias Jakob (Implenia) im zukünftigen Malsaal des Staatsschauspiels. © Axel König/StMWK

Die Vorgeschichte ist allerdings nicht ganz so rekordverdächtig. Schon vor 35 Jahren, als der heutige Intendant Andreas Beck als Dramaturg am Staatsschauspiel engagiert war, habe man von einem unmittelbar bevorstehenden Baubeginn gesprochen. Und als Beck 2017 seinen Vertrag unterzeichnete, habe ihm der damalige Kunstminister Ludwig Spaenle versprochen, dass der Rohbau zu seinem Amtsantritt stehen würde.

Freundliches Duell mit Sophokles

Beim ersten Spatenstich im Juni 2023 stand daher ein Lastwagen des Residenztheaters mit dem beziehungsreichen Sophokles-Zitat "Es braucht viel Zeit, einen kurzen Weg zu gehen" hinter den Rednerpulten. Der gegenwärtige Kunstminister Markus Blume konterte dies beim Richtfest mit einem anderen Zitat des antiken Dramatikers: "Hast du bei einem Werk den Anfang gut gemacht, das Ende wird gewiss nicht minder glücklich sein."

So wirde das Probenzentrum nach seiner Fertigstellung aussehen.
So wirde das Probenzentrum nach seiner Fertigstellung aussehen. © Dömges Architekten AG, Regensburg

Dieses Glück kann Blume brauchen. Der Bau des Proben- und Werkstattzentrum ist Ausgangspunkt der "Kulturkaskade", einer aufeinander abgestimmten Abfolge mehrerer Sanierungen staatlicher Kultur-Großbauten. Sie soll mit dem Residenztheater beginnen, dessen Besucher in den Foyers nicht ahnen, dass der Bereich hinter der Bühne seit der Wiedereröffnung anno 1951 nie grundlegend verändert oder gar verbessert wurde.

Drei Probebühnen in einem Haus

Das neue Proben- und Werkstattzentrum besteht aus zwei Flügeln mit insgesamt rund 12.500 Quadratmeter Nutzfläche. Der eine Teil beherbergt die Schreinerei, einen Malsaal mit Oberlicht und andere Werkstätten, die bisher im Marstall untergebracht sind. Der andere Flügel bündelt drei Probebühnen, die den räumlichen Verhältnissen des Residenz- und Cuvilliéstheaters sowie dem Marstall entsprechen. Auch eine Drehbühne kann dort simuliert werden, was in den bisher angemieteten Räumen nicht möglich ist. Außerdem gibt es eine große Montagehalle, in der die fertigen Bühnenbilder aufgebaut werden können.

Eine Probebühne in einer Visualisierung.
Eine Probebühne in einer Visualisierung. © Dömges Architekten AG, Regensburg

Der Bau hinter den Hochhäusern am Beginn der Passauer Autobahn liegt logistisch günstig an der Fahrstrecke zwischen dem Residenztheater und dem Kulissenlager des Bayerischen Staatsschauspiels in Poing. Vom Dach des 27 Meter hohen Gebäudes soll man sogar das Bühnenhaus des Residenztheaters im Stadtzentrum sehen.

Effiziente Zusammenarbeit

Nach dem Richtfest beginnt der Innenausbau, der im Dezember 2026 abgeschlossen werden soll. Das 196 Millionen Euro teure Gebäude erfüllt nach den Angaben des Bau- und Kunstministeriums die Anforderungen eines Niedrigstenergiegebäudes. Es ist an die Fernwärme angeschlossen. Das Flachdach wird extensiv begrünt und mit einer Photovoltaikanlage ausgestattet.

Beim Richtfest war viel Stolz über die effiziente Zusammenarbeit des staatlichen Bauamts Regensburg mit dem sogenannten "Totalunternehmer" zu vernehmen, der Implenia Hochbau GmbH. Nach ähnlichem Modell hat die Stadt auch das neue Volkstheater errichten lassen, eine ähnliche Vorgangsweise ist auch beim geplanten Konzertsaal im Werksviertel geplant - sofern er wirklich gebaut wird.

Wenn in einigen Jahren die Werkstätten aus dem Marstall ausziehen, wird Klenzes ehemalige Hofreitschule frei. Und damit stellt sich die Frage nach der Zukunft dieses Gebäudes, das auch schon einmal als Konzertsaal im Gespräch war. Die Zeit ist wohl zu knapp, um es zu einem Interimstheater für das Staatsschauspiel während der Sanierung umzurüsten, das anschließend auch von der Staatsoper genutzt werden könnte, deren Renovierung ebenfalls ansteht. Sinnvoll wäre mittelfristig eine multifunktionale Bühne für Staatsoper, Staatsballett und Staatsschauspiel. Denn ein wenig träumen darf man an einem Tag, an dem ausnahmsweise ein staatlicher Neubau seinen Zeitplan überholt hat.

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