"Der kleine Prinz auf Station 7" im GOP: Man turnt nur mit dem Herzen gut
Für Werner Buss ist es nicht einfach eine weitere Premiere. Der künstlerische Leiter der GOP-Varietétheater beschreibt die Sommerproduktion, die der monatelangen Corona-Pause folgt, als "Wiedereröffnung".
Und zum Neustart steht eine ungewöhnliche und emotionssatte Show auf dem Spielplan: "Der kleine Prinz auf Station 7" kombiniert den märchenhaften Literaturklassiker von Antoine de Saint-Exupéry um den kleinen Prinzen, der eine Reise zu verschiedenen Planeten unternimmt, mit dem bedrückenden Alltag eines Kinderhospizes: alles erzählt in fantastisch schönen Bildern mit spektakulärer, mitreißender Akrobatik.
Tanz mit Rollstühlen
Die Regisseure Pierre Caesar und Markus Pabst trauen sich was. Trotz eines Tanzes mit Rollstühlen geht es nicht um Inklusionstheater, sondern um höchst vollendete Körperbeherrschung.
Wenn die junge Schweizerin Andrea Matousek ein Mädchen spielt, das ein Bein verlor, spielt sie die verblüffend - und ist kurz darauf in einer kraftvollen Nummer, bei der es unter anderem um das Verbiegen von Gliedmaßen geht, zu bewundern.
Herzlichkeit ohne kitschige Gefühligkeiten
Eine besondere Qualität dieser Inszenierung ist es, Peinlichkeiten, die an einem solchen Schauplatz, in dem es um Krankheiten, körperliche Einschränkungen und auch um den Tod geht, souverän zu umgehen. Dazu hilft vor allem die liebenswerte Truppe.
Die elf Künstlerinnen und Künstler sind nicht nur mit ihrer Artistik eindrucksvoll, sondern verströmen viel Wärme und Herzlichkeit. Das vermeidet kitschige Gefühligkeiten und macht das Bekenntnis zum Leben glaubhaft.
Der kleine Prinz als Katalysator für das Lösen von Verzweiflung
Der kleine Prinz fungiert als Katalysator für das Lösen von Verzweiflung und Wut. Bald fällt nicht mehr auf, dass der Besucher aus dem All eine Puppe ist, die vom Puppenspieler Jarnoth geführt wird.
Vor allem der kleine Moritz hadert mit seinem Schicksal. Erst nach und nach nimmt er sein Leben an, wozu auch Weisheiten wie das unvermeidliche Zitat "Man sieht nur mit dem Herzen gut" beitragen.
Eine rappende Ratte ist ebenfalls dabei
Aber es gibt auch mit den Augen viel zu sehen, wie eine rappende Ratte (Ihor Yakymenko), einen Betrunkenen im schwankenden Cyr (Toke Reimann), eine elegante Seiltänzerin (Aniko Serfözö), unglaubliche Handstände (Nathalie Wecker), atemberaubende Fastabstürze (Niklas Bothe), einen Clown, der ein Dutzend Bälle gleichzeitig rotieren lässt oder die live vom mexikanischen Künstler Ernesto gemalten Bühnenbilder. Den bewegenden Schluss macht die Himmelfahrt von Moritz (Tim Kriegler) an den Strapaten.
täglich außer montags, bis 12. September, 089/210288444
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