Kritik

Boulevardklassiker im Hofspielhaus: Noch im Theatertod saukomisch

"Shakespeares sämtliche Werke (leicht gekürzt)" in einer gelungenen, sanft aktualisierten Fassung im Hofspielhaus.
Mathias Hejny |
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Am Ende sind alle mehrfach gestorben: Das Shakespeare-Trio David Hang, Christoph Theussl und Leon Sandner in einer Szene aus "Hamlet".
Am Ende sind alle mehrfach gestorben: Das Shakespeare-Trio David Hang, Christoph Theussl und Leon Sandner in einer Szene aus "Hamlet". © Veronika Eckbauer

Wer gebildet ist, werde viel Spaß haben, versprach Hausherrin Christiane Brammer bei der Begrüßung zur Premiere: Die anderen sollten "sich nichts anmerken lassen"! Der Theaterjux, den sich Adam Long, Daniel Singer und Jess Winfield 1987 für das Fringe Festival in Edinburgh ausgedacht haben, funktioniert aber auch bei denen, die über kaum Kenntnisse vom englischen Theater zur Zeit der ersten Queen Elizabeth verfügen. "Shakespeares sämtliche Werke (leicht gekürzt)" ist seit über 30 Jahren weltweit ein zuverlässiger Brüller.

Dabei ist die Aussicht, 37 Dramen und 154 Sonette in einer einzigen Aufführung sehen zu müssen, furchterregend. Aber natürlich ist das Fleddern des Schwans vom Avon mit erheblichen Textverlusten verbunden. Weil Shakespeares Komödien "weniger lustig sind" als seine Tragödien, werden die 16 Stücke in wenigen Minuten zusammengefasst oder Shakespeares Erstling "Titus Andronicus" wird nur erwähnt, weil die Handlung einfach zu brutal ist. Die Königsdramen über die nicht minder blutigen Machtkämpfe zwischen den Yorks und Lancasters kondensieren zu einem Fußballspiel.

"Homer ist der, bei dem man trotzdem lacht"

Da will auch König Lear mitkicken, erhält aber als nur "fiktive Figur" die rote Karte. Die muntere Inszenierung von Georg Büttel, die bei passendem Wetter als Open-air-Event im Innenhof des Hofspielhauses gezeigt wird, ist leicht aktualisiert und diskutiert bei "Othello" auch das Thema Blackfacing. Da das Schwarzschminken inzwischen als rassistische Aneignung gilt und dem Trio ein schwarzer Schauspieler fehlt, entscheiden David Hang und Leon Sandner, dass Christoph Theussl den Mohr von Venedig spielen soll: Als Österreicher gehöre ja auch er zu einer Minderheit. Theussl hat zudem die Aufgabe, alle weiblichen Rollen zu spielen. Das gelingt ihm vor allem bei Ophelia auf das Hinreißendste. Und selbst als getöteter Claudius - der Mörder und Nachfolger von Hamlets Vater - ist er höchst komisch. Als Zugabe singen die drei "Schlag nach bei Shakespeare", einem Song aus dem Musical "Kiss Me Kate", das Cole Porter nach der Komödie "Der Widerspenstigen Zähmung" komponierte. Eine Zeile daraus bringt den sommerlich übermütigen Unfug auf den Punkt: "Homer ist der, bei dem man trotzdem lacht".

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Hofspielhaus, Sonntag, 7., 10., 17., 20., 21., 28. Juli, 20 Uhr, Telefon 089 24209333

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