Auf eine Mass... mit Raphaela Maier von der Iberl Bühne

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Sie ist die mittlerweile wieder lustige Witwe vom legendären Iberl Bühnen-Gründer Georg Maier, damit Erbin der Iberl Bühne, deren Prinzipalin, dabei auch Schauspielerin und mischt auch beim Stückeschreiben mit. Wir sind mit Raphaela Maier im Augustinerzelt verabredet, Boxe 10. Der Nachbartisch ist schon reserviert: Sepp Bierbichler hat ihn mit Kind und Kegel. Der Schriftsteller Herbert Rosendorfer hat die Iberl Bühne als „einen Ort würdigen Volkstheaters“ bezeichnet, was man vielleicht auch über die Wiesn sagen könnte.
AZ: Frau Maier, warum hat die Iberl Bühne eigentlich kein Theaterzelt auf der Wiesn? Bairisches Volkstheater würde doch gut herpassen.
RAPHAELA MAIER: Tatsächlich hat uns vor ein paar Jahren der Schichtl mal gefragt, ob wir nicht bei ihm im Theaterzelt spielen wollen. Wir hatten ja schon einmal einen Wiesnkrimi im Programm im Augustiner in der Neuhauser Straße: „O’zapft is“. Also grundsätzlich tät’s passen - die Wiesn und wir.
Andererseits braucht man ja für Theater eine gewisse Disziplin im Publikum, die sich auf der Wiesn schwer herstellen lässt.
Wiederum bekommt man bei uns im Theater ja auch Bier an den Tischen. Aber natürlich könnte man auf der Wiesn nicht gleich dreimal eine halbe Stunde Ruhe für ein Stück verlangen. Die Iberl Bühne wäre vielleicht eher was für die Oide Wiesn. Oder man macht einfach kurze Anekdoten, Sketche, das wär’s! Beim Schichtl ist so eine Show ja auch nur knapp 20 Minuten, also alles kurz und knackig.

Witzig wäre ja eine bairische „Dialekt“-Lehrsstunde…
Super Idee. Mit dem Publikum als Schüler. So wie im Klassenzimmer. Aber ob die Italiener und Amerikaner da gut mitkämen?
Wieso, in die Iberl Bühne kommen doch auch Preußen.
Ja, das ist lustig. Aber genau die kommen raus und sagen: „Wissen’Se was, wir haben jedes Wort verstanden.“ Und man macht dann einen Scherz und testet mal an, dann kommt: „Ja das jetzt genau nicht.“ Aber die größten Preußen sind am Abend oft am meisten dabei. Die wollen halt was typisch Bayerisches sehen, so wie sie mit der 20-Euro-Lederhosn auf die Wiesn gehen. Und bei uns bekommen sie halt wirklich das echte, genau auch gegen das Klischee angespielt. Vielleicht kann man das mit dem Hamburger Ohnsorg-Theater vergleichen, das Nord- und sogar Plattdeutsch pflegt.
Kein TV-Serien-Pseudobairisch
Und auf der Bühne, bekommt man noch genügend Schauspieler her, die Bairisch können?
Wir haben immer viele Bewerber von sehr professionellen Schauspielern, und es ist halt die Grundvoraussetzung, dass man hier geboren ist und Bairisch redet. Nachträglich lernen geht kaum, auch mit Sprach-Coach nicht, das ist dann so ein TV-Serien-Pseudobairisch. Wir haben aber durchaus genug Leute, die urig mit sich selbst daherkommen und gute Schauspieler sind.
Das Münchnerische ist aber ohnehin eine abgeschwächtere Form des Bairischen.
Bei uns zu Hause wurde aber wirklich Bairisch gesprochen, so bin ich aufgewachsen. Und in der Schule wurde dann halt Hochdeutsch gesprochen, sodass ich zweisprachig bin. Und das versuche ich auch, an meine Tochter weiterzugeben, sonst stirbt’s halt wirklich aus. Aber die ist ja im Theater aufgewachsen, war als kleines Kind schon bei den Proben dabei und hat da viele Ausdrücke auch her, die wir zu Hause gar nicht verwenden…
Rosendorfer: "Ein Ort würdigen Volkstheaters"
Woher nehmen Sie Ihre Stücke?
Die schreiben wir alle im Haus. Früher hat das mein Mann, der Georg gemacht. Jetzt habe ich einen anderen guten Stückeschreiber, der schon drei in unserem Iberl-Stil verfasst hat, sodass keiner sagen kann, das ist aber nimmer so wie früher. Aber natürlich bleibt die Zeit nicht stehen und man muss einen modernen Touch reinbrigen, wir brauchen ja ein Nachfolgepublikum, eines, das sich immer wieder verjüngt, was ganz gut gelingt. Da kommt dann oft eine ganze Familie vom Achtjährigen bis zur 80-jährigen Oma. Es soll ja auch ein Familienevent sein.

Was ist der Trick, dass das gelingt?
Vielleicht, dass es eben ein Bier gibt am Tisch. Da kann man dann auch Leute reinlocken, die sonst beim Wort „Theater“ eher Schwellenangst bekommen und lieber im Wirtshaus am Stammtisch wären. Außerdem behandelt uns die Presse gut, weil sie spüren: Wir meinen das ernst, jeder macht alles und mit Herzblut und wir sind das einzige bairische Volkstheater in München mit festem Haus und großem Zusammenhalt. Und die Ideen zu den Stücken und viele Dialoge sind wirklich fast wie im richtigen Leben. Das wäre jetzt so, wie wenn ich bei den Bierbichlers am Nachbartisch zuhören würde, da könnt ich dann vieles hernehmen. Und schon früher, mein Mann, der ist am Stammtisch aufgewachsen, da braucht man die Typen, die man da erlebt, gar nicht mehr übertreiben. Und das gilt nicht immer nur für den älteren, gestandenen Bayern.
Wo di Fisch schnacksln
Was ist Ihr Anliegen?
Unsere bayerische Kultur und Geschichte lebendig zu halten. Wir haben ja auch viele Stücke über historische Personen, wie den Räuber Kneißl oder die hochstaplerische Volksbankerin Adele Spitzeder.
Das ist aber auch tragisch, weil sie ein betrügerisches Schneeballsystem aufgebaut hatte.
Ja, und zwar haben aus allen Ständen die Leute mitgemacht, weil jeder halt schnell reich oder noch reicher werden will. Einige haben sich dann auch umgebracht, weil sie Haus und Hof verloren hatten und ruiniert waren. Aber das ganze bleibt tragikomisch. Und selbst beim hingerichteten Kneißl schaffen wir es, das ganze tragikomisch zu halten. Oder die Geschichte von der Kurpfuscherin Amalie Hohenester mit ihrer Heilanstalt, die vom Urin her alle Krankheiten bestimmt hat.
Und eine neuere Figur?
Der Moshammer zum Beispiel wäre doch noch eine Superfigur.
Wie ist Ihr Verhältnis zur Wiesn?
Ungebrochen. Ich bin in München geboren, bin als Kind schon hier gewesen….

Keine Krise?
Nur eine Krise, letztes Jahr, nach meinem Absturz am Pächtertag, wo ich eingeladen war, weil wir in der Iberl Bühne im Augustiner-Stammhaus ja deren Bier ausschenken. Aber grundsätzlich macht man dann halt mal einen Tag Pause und dann ist es ja auch wieder schad, wenn’s vorbei ist.
Und wird auf der Bühne echtes Bier getrunken?
Da fragen Sie was! Mein Ensemble würde mich umbringen, wenn ich da gefärbtes Wasser hinstellen würde oder ein Alkoholfreies. Da treten die nicht auf. Im November kommt jetzt zum Beispiel die „Weiberwirtschaft“. Da bekommt die Hauptfigur mal ein Wasser, weil’s ausnüchtern soll, weil sich das Inspektionsamt angekündigt hat wegen der Schanklizenz-Verlängerung nach zwanzig Jahren - und sagt: „Ja pfui Deifi, wos isn des fia a Zeigl?“ Die andern: „Ja Mamma, des is a Wasser.“ Und sie: „Moanst, i sauf a Wasser, wuist mi umbringa? Da schnacksln di Fisch drin!“
Iberl Bühne im Augustiner Stammhaus, Neuhauser Straße (Eingang Herzogspitalstraße)
Programm: am Freitag, 3. Oktober: „Oh heiliger St. Benedict“ von Georg Maier. Dann im Oktober im Wechsel: „Da Häuslschleicha“ (ebenfalls von Georg Maier) und das neue Stück „Bauernschach - Irgendwann, da foit a jeda“ von Florian Günther, Spielbeginn jeweils 20 Uhr, Infos und Karten: www.iberlbuehne.de
- Themen:
- Augustiner-Bräu
- Oide Wiesn