Bayreuth betrauert Wolfgang Wagner
Die Bayreuther Festspiele planen für den 11. April eine große Trauerfeier für Wolfgang Wagner. Christian Thielemann übernimmt musikalische Leitung und dirigiert das "Meistersinger"-Vorspiel.
Bei einer großen Trauerfeier mit Gästen aus Kultur und Politik wollen die Bayreuther Festspiele am 11. April an Wolfgang Wagner erinnern. Die musikalische Leitung der Veranstaltung im Festspielhaus übernimmt der Chefdirigent der Münchner Philharmoniker, Christian Thielemann, wie Festspielsprecher Peter Emmerich am Dienstag der Nachrichtenagentur ddp sagte. Auch ein Teil des musikalischen Programms steht schon fest: Auf Wunsch Wagners soll das Vorspiel aus der Oper „Die Meistersinger von Nürnberg“ von Richard Wagner (1813-1883) gespielt werden. Der langjährige Leiter der Festspiele war am Sonntag im Alter von 90 Jahren gestorben.
Emmerich geht davon aus, dass das Festspielhaus am 11. April bis auf den letzten Platz gefüllt sein wird. Allein die Mitwirkenden an den Festspielen machten fast 800 Leute aus, sagte der Sprecher. Insgesamt hat das Festspielhaus knapp 2000 Plätze. Die Richard-Wagner-Stiftung als Vermieter habe die Sondernutzung bereits genehmigt. Wie zahlreiche andere Politiker, die Bayreuth verbunden seien, werde auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eingeladen. „Ob sie kommt beziehungsweise kommen kann, wird sich noch zeigen“, sagte Emmerich.
Die ordnende Hand
Über Bayreuth hinaus wird um Wolfgang Wagner getrauert. Der Präsident des Deutschen Bühnenvereins, Klaus Zehelein, nannte Wagner „die ordnende Hand, den Geist und das Herz der Festspiele“. Wagner sei es gelungen, die Festspiele „aus ihrer verkrusteten Tradition in die Moderne weiterzuentwickeln“. Mit seiner Entscheidung auch für Künstler, die neue, überraschende und bisweilen „provokative Perspektiven“ auf das Wagnersche Oeuvre eröffneten, habe er die „Lebensfähigkeit“ Bayreuths bewiesen.
Thielemann würdigte Wagner als „Symbolfigur“ Bayreuths und als „Überschatten“ für seine Nachfolger. „Er hatte etwas unglaublich Väterliches“, sagte Thielemann. „Ich fühlte mich aufgenommen wie ein Sohn.“ Auch musikalisch habe sich die große Erfahrung von Wolfgang Wagner auf seine Interpretationen ausgewirkt: „Ohne ihn würde ich Wagner nicht so dirigieren.“ Thielemann ist einer der derzeit gefragtesten Richard-Wagner-Dirigenten und seit vielen Jahren mit den Bayreuther Festspielen eng verbunden.
In Bayreuth liegen seit Dienstag drei Kondolenzbücher für Wagner aus. Dutzende Anhänger trugen sich darin ein. Im Rathaus nutzten binnen der ersten beiden Stunden rund 30 Menschen die Gelegenheit, eine Botschaft zu hinterlassen, wie ein Stadtsprecher auf ddp-Anfrage sagte. Im Wagner-Museum Haus Wahnfried trugen sich in knapp vier Stunden 19 Menschen ein. Auch im Festspielhaus liegt ein Kondolenzbuch aus. Darüber hinaus können Wagner-Anhänger in mehreren Kondolenzforen im Internet ihre Trauer zum Ausdruck bringen. Diese Möglichkeit sei sicher ein Grund dafür, dass das Interesse am Kondolenzbuch im Rathaus nicht größer sei, sagte der Stadtsprecher.
Ursula Quass
Christian Thielemanns Stellungnahme im Wortlaut
Mein Verhältnis zu Wolfgang Wagner war immer ein sehr persönliches. Er war für mich ein väterlicher Freund und ich habe auf seinen Rat gehört. Ohne ihn würde ich Wagner anders dirigieren. 2000 und 2001 durfte ich Meistersinger und 2002 Parsifal mit Wolfgang Wagner als Regisseur dirigieren – seine beiden letzten Arbeiten. Sein Tod geht mir sehr nahe. Wolfgang Wagner war für mich eine Symbolfigur für die Opernwelt des 19.und 20.Jahrhunderts. Es ist wichtig, dass der familiäre Geist, die besondere Atmosphäre, die er in Bayreuth geschaffen hat, aufrechterhalten werden kann.
Ich habe ihn sehr für seine Art bewundert, wie er mit Menschen umgegangen ist. Er hatte immer ein offenes Ohr und nahm sich Zeit, für jedermann. Im Moment bin ich mit den Münchner Philharmonikern auf Japantournee und wir haben die Tannhäuser - Ouvertüre auf dem Programm. Als wir heute Nachmittag geprobt haben, war ich sehr bewegt. In einer Schweigeminute haben wir an Wolfgang Wagner gedacht und sein Lebenswerk gewürdigt. Er hinterlässt eine große Lücke.