Koranlesung auf Arabisch: Irritationen bei "Festi Ramadan"

Wegen Koranlesung auf Arabisch beim "Festi Ramadan": Der Stiftspropst und CSU-Kreischef verlassen die Veranstaltung.
Uli Karg |
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"Festi Ramadan"-Veranstalter Ahmet Karaman.
Christine Vinçon "Festi Ramadan"-Veranstalter Ahmet Karaman.

Landshut - Von massiven Irritationen wurde am Samstag die Premiere des "Festi Ramadan" am Ländtorplatz überschattet, bei dem die Landshuter Muslime erstmals öffentlich das Fastenbrechen feierten. Nachdem auf Arabisch aus dem Koran vorgelesen wurde, verließen Stiftspropst Dr. Franz Joseph Baur (der als Redner vorgesehen war) und CSU-Kreischef Thomas Haslinger die Veranstaltung unter Protest.

Ihrer Ansicht nach war der gesungene Koranvers mit den Zielen einer gelungenen Integration nicht vereinbar. Perplex reagierte Ahmet Karaman vom veranstaltenden Orient Kulturverein auf den Abgang von Baur und Haslinger: "Ich gehe von einem Missverständnis aus und werde das Gespräch mit dem Stiftspropst suchen. Das ist alles sehr schade."

Umstimmung von Karaman blieb erfolglos

Im Programm des "Festi Ramadan" war der strittige Programmpunkt als "Koranlesung mit Übersetzung" angekündigt. Dass Adem Erdem, kein Geistlicher, sondern ein "Landshuter der eine gute Stimme hat" (Karaman), gegen 16.30 Uhr einen Koranvers über das Fasten auf Arabisch rezitierte, traf Franz Joseph Baur und Thomas Haslinger offenbar dennoch völlig unvorbereitet.

Beide verfolgten das Geschehen zusammen mit dem LZ-Reporter an einem Stehtisch unweit der Bühne – und machten ihrem Unmut umgehend Luft. "Das finde ich jetzt völlig befremdlich", sagte Haslinger, ging zu Karaman, sprach kurz mit ihm und verließ das Fest. Höchst irritiert zeigte sich auch Stiftspropst Baur. Wie Haslinger verließ auch Baur umgehend das Fest und meldete sich bei einem offensichtlich konsternierten Karaman ab. Dessen Umstimmungsversuche blieben erfolglos.

Stadtrat Norbert Hoffmann (FDP), ging anschließend in seinem Grußwort auf den Vorfall ein, ohne Namen zu nennen. "Ein ganz besonderer Dank gilt all jenen, die heute hierhergekommen und geblieben sind, um gemeinsam zu feiern und auch, um über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen", sagte Hoffmann. Er wünsche sich eine Stadtgesellschaft, die Vielfalt – "religiöse und auch sprachliche" – als das begreife, was sie sei: "Als Chance und nicht als Gefahr."

Als Chance wertete gestern auch Thomas Haslinger das "Festi Ramadan". Allerdings sei es nicht gut, wenn aus dem Koran in der Öffentlichkeit minutenlang auf Arabisch gelesen werde. "Ich vertrete da die Sichtweise eines Landshuter Bürgers, der am Ländtorplatz plötzlich viele Frauen mit Kopftuch sieht und arabische Verse aus Lautsprechern hört." Der Koran müsse nicht auf Arabisch gelesen werden. Dies sei ihm auch von Ozan Iyibas, dem Integrationsbeauftragten des Arbeitskreises Migration und Integration der CSU, so bestätigt worden.

Gerade in der aktuellen, sehr sensiblen Situation sei eine längere Lesung auf Arabisch Wasser auf die Mühlen jener, die zündeln wollten. Dass er der Letzte sei, der sich dem interkulturellen Dialog verweigere, sei allein dadurch ersichtlich, dass er der einzige Konservative aus dem Stadtrat gewesen sei, der das Fest besucht habe, so Haslinger. "Mir ist sehr an einem friedlichen Miteinander gelegen." Art und Weise der Koranlesung seien jedoch unglücklich gelaufen. "Wenn man das Satz für Satz übersetzt hätte, hätte es eine ganz andere Wirkung gehabt. Beim nächsten Mal müssen das alle Beteiligten besser machen." Ahmet Karaman habe er seine Sicht der Dinge dargelegt, so Haslinger, um ihm zu erklären, warum er das Fest verlasse.

Einen gänzlich anderen Eindruck schildert Grünen-Stadträtin Sigi Hagl: "Haslinger hat Karaman regelrecht zur Schnecke gemacht. Das war unverschämt. Zudem machte mir die ganze Aktion den Anschein, kalkuliert gewesen zu sein." Vom Verhalten des Stiftspropsts zeigte sie sich, wie auch Hoffmann, enttäuscht. "Da hätte ich mir mehr Souveränität erwartet."

Karaman trotz allem zufrieden mit dem "Festi Ramadan"

Sevim Kaya, Vorstandsvorsitzende und Initiatorin von Tat Bayern, einem Verein, der sich mit Bildungsperspektiven für Migrantenkinder beschäftigt und das "Festi Ramadan" unterstützte, sagte: "Ich hätte mir gewünscht, dass Stiftspropst Baur seine Kritik am Mikrofon geäußert hätte. Das wäre besser gewesen als einfach zu gehen."

Franz Joseph Baur sagte der AZ, die Vorgänge nicht anders als am Samstag. "Die Veranstalter hatten bereits vor Monaten angefragt, ob ich für ein Grußwort zur Verfügung stünde. Ich habe daraufhin zu verstehen gegeben, dass dies grundsätzlich möglich sei, ich aber die Bitte habe, dass Deutsch gesprochen wird. Weil ich nicht daneben stehen will und etwas gesagt wird, was ich nicht verstehe." Daraufhin habe er nichts mehr gehört und erst vor Kurzem eine Mail mit einem zeitlichen Ablauf bekommen.

"Wenn dann aber der Koran, mit der Bedeutung, die er in der heutigen Zeit hat, auf die Art wie am Ländtor in die Öffentlichkeit gebracht wird, dann halte ich das nicht für den richtigen Weg, sich zu begegnen", begründet Baur seinen Abgang. "Das ist der Integration nicht dienlich." Dies heiße jedoch nicht, dass er sich einem Dialog verweigere. "Vielleicht erwächst aus der ganzen Sache auch was Gutes, sich intensiver zu begegnen als bisher."

Für Ahmet Karaman war bereits das erste "Festi Ramadan" ein Beispiel gelungener Integration, wie er am Samstag in seiner Eröffnungsansprache sagte: "60 Jahre sind die Landshuter Muslime unter sich geblieben, als sie das Fastenbrechen feierten. Das soll so nicht bleiben. Deswegen feiern wir heute im Herzen der Stadt Landshut. Insofern ist es nicht nur ein muslimisches Fest."

Am Sonntag sprach Karaman dann auf AZ-Anfrage von einem harmonischen und friedlichen Fest, das auch von den Landshutern gut angenommen worden sei. "Wir hätten doppelt so viele Sitzbänke aufstellen könne." Dass der Koranvers auf Arabisch gesungen wurde, habe auch folkloristische Gründe gehabt. Man habe eine schöne Darbietung gewollt. "Das war die ganze Aufregung wirklich nicht wert."

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