Zum 100. Geburtstag der Stiftung: Ausgleichsfonds zeigt Wittelsbacher Schätze

München - Schlösser, Immobilien und insgesamt etwa 11.000 Gemälde, Plastiken und weitere Kunstschätze: Der Wittelsbacher Ausgleichsfonds (WAF) verfügt über ein enormes Vermögen, seine Kulturgüter – allesamt kostenlose Leihgaben – können in allen möglichen staatlichen Museen in Bayern bewundert werden. Trotzdem ist die Stiftung selbst in Bayern vielen Bürgern noch weitgehend unbekannt. Das soll sich jetzt ändern.
Zum 100. Geburtstag gibt sie der Öffentlichkeit nun erstmals einen umfassenden Einblick in ihre Geschichte und auf ihre Schätze – mit einem Buch: "Der Wittelsbacher Ausgleichsfonds" (Verlag Friedrich Pustet), erscheint am 15. Juni. Zur Buchvorstellung am Mittwoch in München kamen auch der WAF-Verwaltungsratschef Nikolaus von Bomhard und WAF-Geschäftsführer Michael Kuemmerle.
Fonds als Kompromiss zwischen Freistaat Bayern und Familie Wittelsbach gegründet
Die Stiftung hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich, über die bis heute nur wenig bekannt war. Gegründet wurde der Fonds am 9. März 1923 als Kompromiss zwischen dem Freistaat und der früheren Herrscherfamilie Wittelsbach. Nachdem Kurt Eisner, der spätere erste Ministerpräsident, 1918 die Revolution ausgerufen hatte und König Ludwig III. abdanken musste, stand die einstige Herrscherfamilie blank da. Ohne Einkünfte und Behausung.
Nach langen Verhandlungen schlossen der bayerische Staat und der Chef des Hauses Wittelsbach einen Vertrag (der im Buch nachzulesen ist): Unter anderem die Residenz München, der Hofgarten, die Schlösser Nymphenburg und Schleißheim und die Schlösser von Ludwig II. – Neuschwanstein, Herrenchiemsee und Linderhof – wurden verstaatlicht.
Nach der Revolution: Haus Wittelsbach erhält Schlösser, Geld und Wälder
Die Schlösser Hohenschwangau, Berchtesgaden und Grünau wurden in den Wittelsbacher Ausgleichsfonds übertragen. Außerdem: Tausende Kunstschätze, die der Öffentlichkeit laut Vertrag dauerhaft zugänglich gemacht werden müssen. Sie machen heute einen bedeutenden Teil der kulturellen Identität des Freistaats aus.
Auch Geld und Immobilien – darunter das Arco-Palais in der Münchner Theatinerstraße –, landwirtschaftliche Flächen und ausgedehnte Wälder (Beispiel: der Köschinger Forst) wurden dem Wittelsbacher Ausgleichsfonds "überwiesen". Heute gilt die Stiftung als größter nichtstaatlicher Waldbesitzer in Bayern.
Wittelsbacher Familie profitiert noch heute vom Ausgleichsfonds
"Recht bescheiden" sei die "materielle Ausstattung" des Ausgleichsfonds vor 100 Jahren gewesen, schreibt Herzog Franz von Bayern im Vorwort zu dem Buch. "Das Kapital wurde durch die Inflation aufgezehrt." Die Stiftung, die völlig eigenständig und ohne staatliche Gelder wirtschaftet, änderte mehrmals ihre Strategien und erschloss sich neue Betätigungsfelder, um die Einnahmequellen für die Wittelsbacher zu sichern.
"Wir arbeiten mit modernen Managementmethoden", so WAF-Geschäftsführer Michael Kuemmerle. Anfangs setzte der Wittelsbacher Ausgleichsfonds vor allem auf Holz, heute fließt viel Geld aus der Vermietung von Wohnungen. Ein Teil des Gewinns wird an Familienmitglieder ausgezahlt.
Rechte der Familie Wittelsbach: Eigene Badestelle im Schlosspark Nymphenburg
Ein paar aus heutiger Sicht antiquiert anmutende Rechte wurden vor 100 Jahren ebenfalls besiegelt. Zum Beispiel darf das Oberhaupt der Wittelsbacher, Franz Herzog von Bayern (89), in Schloss Nymphenburg 3.000 Quadratmeter mit "monumentalem Charakter" kostenlos nutzen, eine eigene Badestelle im Schlosspark gehört ebenfalls zum Nutzungsrecht.
Im II. Stock des Alten Schlosses auf Herrenchiemsee hat die Familie ebenfalls Wohnrechte, am Königssee steht der Familie eine Blockhütte mit einem Hektar Land zur Verfügung. Und verstorbene Familienmitglieder dürfen in der Gruft in der Theatinerkirche und der Michaelskirche ihre letzte Ruhestätte finden. Die Grüfte dürfen auch erweitert werden.
Über 100 Jahre nach dem Ende der Monarchie: Rechte oder Privilegien?
Dass die Nachkommen aus dem Königshaus auch nach 100 Jahren noch derartige "Privilegien" genießen, das prangern vor allem die Landtags-Grünen immer wieder an, "nicht zeitgemäß" sei das. Auf Seiten der Linken wird gar die Abschaffung der Adelstitel gefordert. Freiwillig darauf zu verzichten, kommt der Familie freilich nicht in den Sinn. "Das sind keine Privilegien", sagte Nikolaus von Bomhard bei der Buchvorstellung. "Das sind angestammte Rechte."
Das Buch "Der Wittelsbacher Ausgleichsfonds"(Verlag Friedrich Pustet) gibt es seit15. Juni , Hrsg: Dieter Weiß und Markus Müller, 39,95 Euro.