"Zulässig": Aiwanger verteidigt umstrittene Gas-Bohrungen bei Reichling
München - Nach Angaben von Wirtschafts- und Energieminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) ist in Bayern genügend Erdgas zu bezahlbaren Preisen verfügbar. Die fünf bayerischen Speicher seien noch zu 20 Prozent und zwei weitere in Österreich zu 48 Prozent gefüllt, berichtete Aiwanger am Donnerstag im Wirtschaftsausschuss des Landtags in München.
Das sei ein "durchaus akzeptabler Füllstand". Die vergleichsweise niedrigen Gaspreise erschwerten andererseits die Umstellung auf eine Wasserstoffwirtschaft.
Aiwanger sieht Henne-Ei-Problem beim Wasserstoff
Die Wasserstoff-Welt stehe "in den Startlöchern" und müsse nur noch in die Umsetzung kommen, sagte Aiwanger. Dabei stoße man immer wieder auf das Henne-Ei-Problem, etwa beim Aufbau eines Wasserstoff-Tankstellennetzes: Wenn es keine oder zu wenig wasserstoffbetriebene Fahrzeuge gibt, würden "die Förderbescheide für Wasserstoff-Tankstellen wieder zurückgegeben", schilderte der Minister die Lage.

Deshalb denke man in der Staatsregierung über die Förderung von Wasserstoff-Nutzfahrzeugen im Volumen von 30 Millionen Euro für 100 Lkw nach. Das "kleine Pflänzchen" müsse gepäppelt werden, bis die Wasserstoffwirtschaft von selbst "ins Fliegen" komme, so Aiwanger.
Umwandlungsanlagen noch nicht in jedem Landkreis
Der Plan der Staatsregierung, in jedem Landkreis Bayerns einen Elektrolyseur zur Umwandlung von Strom in Wasserstoff zu fördern, hat sich bisher nicht vollständig umsetzen lassen.
Bisher seien 23 Förderbescheide für solche Anlagen erteilt worden und drei weitere in der Prüfung, berichtete Aiwanger. In Bayern gibt es 71 Landkreise und 25 kreisfreie Städte. Gefördert würden überwiegend größere Anlagen bis zu fünf Megawatt, weil kleinere unwirtschaftlicher seien.
Aiwanger teilt Forderung nach ehrgeizigeren CO2-Ausstiegsterminen nicht
Um die Wasserstoffwirtschaft auf breiter Front in Gang zu setzen, ist laut Aiwanger nicht nur "Staatsgeld" gefragt, sondern auch der Abbau hindernder Regulatorik. So könne derzeit nicht ohne Weiteres überschüssiger Solarstrom zum Nulltarif zur Herstellung von Wasserstoff in Elektrolyseuren verwendet werden.
Die Forderung des Grünen-Energieexperten Martin Stümpfig, durch ehrgeizige CO2-Ausstiegstermine den Umstieg zum grünen Wasserstoff zu beschleunigen, teilt Bayerns Energieminister nicht. Wenn man den Umstieg durch eine extreme Verteuerung fossiler Energien erzwinge, sei das Land am Ende zwar klimaneutral, aber "die Wirtschaft tot", sagte Aiwanger.
Erdgas weniger klimaschädlich als LNG-Gas
Die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft müsse "oberste Priorität" haben. "Idealerweise" sollten die Erneuerbaren Energien günstiger als die fossilen sein.

Die umstrittenen Gas-Bohrungen eines kanadischen Unternehmens bei Reichling seien "zulässig", betonte Aiwanger. Es wäre "Behördenwillkür, geltendes Bundesrecht außer Kraft zu setzen". Das dort eventuell zu fördernde Erdgas sei immerhin drei- bis vier Mal weniger klimaschädlich als das mit Schiffen transportierte LNG-Gas.
Erdgas könnte nochmal billiger werden
Dass in der Ammersee-Region nur geringe Fördermengen zu erwarten seien, spricht nach Ansicht des Ministers nicht gegen die Bohrung. Auch ein einzelnes Windrad trage nur einen Bruchteil zur Stromversorgung bei, dennoch komme niemand auf die Idee, deswegen auf den Bau zu verzichten.
Erdgas könnte für Bezieher noch mal billiger werden, weil die neue Bundesregierung die Abschaffung der Gasspeicher-Umlage plant. Die Kilowattstunde würde sich dadurch um etwa 0,25 Cent verbilligen, sagte Aiwanger. Jetzt sollen die Pflichtvorgaben für einen Mindestfüllstand gelockert werden, die zur Gaskrise bei Ausbruch des Ukraine-Kriegs erlassen wurden. Es gehe stets um einen "Spagat zwischen Sicherheit und Kosten", so Aiwanger.
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