Vorsitzende des Ethikrats: Suizidprävention intensivieren
Die Vorsitzende des bayerischen Ethikrats, Susanne Breit-Keßler, hätte gerne noch mit den Kessler-Zwillingen Ellen und Alice über ihr geplantes Lebensende gesprochen. "Gerne hätte ich mit den beiden wunderbaren Künstlerinnen nach Wegen gesucht, das Leben wieder lebenswert zu finden – auch dann, wenn es Herausforderungen und Beschwernisse mit sich bringt", sagte die ehemalige Regionalbischöfin der "Süddeutschen Zeitung".
Sterben sei wie Leben ein soziales Geschehen. "Es geschieht im Kontext eines großen Miteinanders." Notwendig sei, Selbstbestimmung nicht nur isoliert individuell, sondern auch in ihren Auswirkungen auf Mitmenschen zu begreifen. "Selbstbestimmung und Verantwortung füreinander brauchen ein wirklich heilsames Gleichgewicht. Es gibt ja nicht allein die, die gehen, sondern auch die, die zurückbleiben."
Die international bekannten Sängerinnen und Tänzerinnen Ellen und Alice Kessler hatten den Weg der Sterbehilfe gewählt und ihr Leben im Alter von 89 Jahren aus eigenem Willen beendet. Ihr Tod war am vergangenen Montag bekanntgeworden. Zuletzt hatten sich die beiden Schwestern aus dem Showgeschäft zurückgezogen und in Grünwald im Süden Münchens gelebt.
Breit-Keßler: Assistierten Suizid nicht normalisieren
Breit-Keßler zufolge plädiert eine Mehrheit der Mitglieder des bayerischen Ethikrats für staatlich regulierte Beratungs- und Assistenzangebote für Menschen, "die unheilbar krank sind, unerträgliche Schmerzen oder andere schwere Symptome erleiden oder sich auf einem irreversiblen Weg zum Sterben befinden". Ansonsten bestünde die Gefahr, dass sich Praktiken durchsetzten, die den Lebensschutz dieser besonders verletzlichen Personen gefährdeten.
Sie lehne eine staatliche Regulierung allerdings ab "in der Sorge, dass der assistierte Suizid damit normalisiert wird und es zu einem entsprechenden gesamtgesellschaftlichen Werte- und Bewusstseinswandels kommt", sagte Breit-Keßler.
Aus ihrer Sicht braucht es ein deutlich größeres Engagement für eine intensive Suizidprävention. "Ein entsprechendes Präventionsgesetz des Bundes, das gute Rahmenbedingungen und verbindliche Ziele vorgibt, lässt leider immer noch auf sich warten." Ihre Devise sei: "Mehr um das Leben kämpfen, statt dem Tod Tür und Tor zu öffnen."
Gerichtsurteil
Seit Jahren wird in Deutschland um rechtliche Regelungen zum sogenannten assistierten Suizid gerungen. Das Bundesverfassungsgericht hatte 2020 den Weg frei gemacht für Angebote der Sterbehilfe. Unheilbar Kranke können den Weg der Selbsttötung wählen, etwa wenn sie extrem starke Schmerzen erleiden müssen und keine Perspektive auf eine Heilung oder Linderung besteht.
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