Städtischer Sparplan: Die Liste der Grausamkeiten

Erstmals waren externe Berater im Nürnberger Rathaus mit dem Rotstift unterwegs. Ihre Vorschläge sollen über 10 Millionen Euro bringen: bei Kindergärten, Schulen, Museen, Grünanlagen.
von  Abendzeitung

Erstmals waren externe Berater im Nürnberger Rathaus mit dem Rotstift unterwegs. Ihre Vorschläge sollen über 10 Millionen Euro bringen: bei Kindergärten, Schulen, Museen, Grünanlagen.

NÜRNBERG Die städtischen Kassen sind leer. Knapp 60 Millionen Euro neue Schulden muss Kämmerer Harry Riedel (SPD) aufnehmen, damit er alle Ausgaben im nächsten Jahr bezahlen kann. Und die Lage wird noch schlimmer. Denn Riedel rechnet damit, dass er 2010 krisenbedingt 60 Millionen Euro weniger Steuereinnahmen und 65 Millionen Euro weniger Geld vom Freistaat verbuchen kann.

Rettung soll ein Rotstiftpaket bringen, das bis 2015 mindestens 50 Millionen Euro Einsparungen schaffen soll. Ein Teil davon sind die Sparvorschläge, die gestern die Effizienz-Experten der Nürnberger Beratungsfirma Rödl&Partner vorlegten. Erstmals waren externe Berater im Rathaus unterwegs.

Sieben Millionen Euro hätten sie bringen sollen, auf 14,6 Millionen summieren sich die Sparvorschläge, nachdem das Team drei Monate lang 16 Dienststellen unter die Lupe genommen hat. Allerdings waren nicht alle Vorschläge unumstritten.

Kämmerer Riedel und Personalreferent Wolfgang Köhler (CSU) haben vier entschärft. Unterm Strich kommt das Gutachten, das knapp 500.000 Euro kostete, jetzt auf Einsparungen von 10,9 Millionen Euro. „Das ist eine gute Quote“, sagt Riedel. Allerdings sind bei den Vorschlägen auch Banalitäten dabei, auf die auch weniger hochbezahlte Prüfer gekommen wären.

Die Liste der Grausamkeiten:

Mahnungen: Die Stadtkasse schickt sie künftig zehn Tage früher los. Bringt 51.000 Euro.

Schulhausmeister: Sie übernehmen künftig noch mehr Reparaturen selbst. Eine Stelle wird nicht mehr neu besetzt. Bringt 200.000 Euro.

Pflegefamilien: Statt im Heim werden mehr Kinder künftig in Pflegefamilien untergebracht. Ein Heimplatz kostet 36000, eine Pflegefamilie nur 10.000 Euro im Jahr. 30 neue Pflegefamilien sollen nun jährlich neu gewonnen werden. Bringt 3,25 Millionen Euro.

Kindergärten: Beim Personalschlüssel (rechnerisch eine Erzieherinnen auf 10,5 Kinder) ändert sich nichts. Allerdings wird die Arbeitskraft von Berufspraktikantinnen in die Rechnung mit einbezogen. Bringt 1,3 Millionen Euro.

Grünflächen: Die Pflege muss effizienter werden. Auch bei der Planung kann gespart werden. Bringt 1,1 Millionen Euro.

Einwohneramt: Ein zweiter Kassenautomat macht die Arbeit einfacher. Eine Stelle wird nicht mehr neu besetzt. Bringt 36.000 Euro.

Passamt: Auch hier hilft ein Kassenautomat, Zeit und Personal zu sparen. Bringt 54.000 Euro.

Gewerbesteuer: Ein zusätzlicher Betriebsprüfer soll für Mehreinnahmen sorgen. Bringt: 250000 Euro.

Museen: Der ermäßigte Eintritt wird von 2,50 auf 3 Euro erhöht. Die Tageskarten für die städtischen Museen kosten künftig 7,50 statt 5 Euro. Die Reinigung in den Museen wird optimiert. Bringt 61.000 und 6000 Euro.

Soziales: Die Unterbringung von Hartz IV-Empfängern wird künftig strenger überprüft. Bringt 1Million.

Schulden: Weil durch das Sparpaket weniger Geld aufgenommen werden muss, reduzieren sich die Zinszahlungen. Bringt 930000 Euro.

Bis zum 27. Oktober prüfen die Fraktionen und die Stadträte nun die Vorschläge auf der Sparliste. Bei den Haushaltberatungen Mitte November wird sich zeigen, ob die Rathaus-Politiker es mit dem Sparen ernst meinen – und die Vorschläge eine Mehrheit finden.

Michael Reiner

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