Sein Augustinerhof-Traum Es bleiben nur noch Trümmer
Die alten Pläne und Modelle für das Projekt lagern ungesichert im Abriss-Gebäude – „Die gehören ins Museum“, fordert Ex-Baureferent Walter Anderle
NÜRNBERG Der Bildhauer und Fotograf Armin Lutz dokumentiert mit seiner Kamera den Abriss von alten Industriegebäuden in der Stadt. Zum Beispiel bei der alten Mülloper oder dem Milchhof. Auch im Augustinerhof ging der Nürnberger Künstler auf Pirsch. Doch dort fand er nicht nur bröckelnde Industriearchitektur. Er entdeckte im offen stehenden ehemaligen Büro von Ex-Besitzer Mohammad Abousaidy auch Relikte der jüngsten Nürnberger Architektur-Geschichte: Die Pläne und Modelle des Star-Architekten Helmut Jahn. Lutz: „Die liegen dort ganz ungeschützt herum. Diese wertvollen Unterlagen und die Architektur-Modelle müssen unbedingt gerettet werden.“
Es sind die Überreste des Lebenstraums von Mohammad Abousaidy. Den 76-Jährigen hat das Millionen-Projekt krank gemacht, mehrere Herzinfarkte hat er inzwischen erlitten. Heute will er nichts mehr von dem 4975 Quadratmeter großen Areal in bester Altstadtlage wissen. Ende der 1980er Jahre kaufte Abousaidy das Grundstück für rund 15 Millionen Euro. Er wollte dort eine noble Einkaufs-Passage bauen. Als Baumeister hat er sich den aus Zirndorf stammenden Architekten Jahn ausgesucht.
Doch dessen spektakulärer Plan einer nach oben offenen Glaspassage („aufgeplatzte Bratwurst“) fielen bei den Nürnbergern durch. Die Altstadtfreunde machten gegen den Bau mobil. Selbst prominente Unterstützung aus dem Rathaus und der Industrie- und Handelskammer konnte nicht helfen. Ein Bürgerbegehren brachte das Projekt Augustinerhof Anfang 1996 zu Fall. Statt dort wie geplant Millionengewinne einstreichen zu können, ging Abousaidy das Geld aus. Die Banken machten Druck, der Augustinerhof kam unter Zwangsverwaltung. Seitdem verstauben die Pläne und Modelle im Büro des Ex-Besitzers.
Immobilien-Entwickler Gerd Schmelzer hat das Gelände im Dezember 2007 bei der Zwangsversteigerung erworben. Derzeit lässt er das alte Gemäuer abreißen. Es soll einem Nutzungs-Mix aus Büros, Praxen, einem Hotel und hochwertigen Wohnungen weichen.
Der frühere Baureferent Walter Anderle (SPD), der Jahns Pläne vergeblich durchboxen wollte, ist über den Fund des Abriss-Fotografen alarmiert. „Die Unterlagen und Modelle müssen unbedingt gesichert werden. Auch wenn vielleicht noch nicht klar sein sollte, wem sie gehören.“ Klar sei auf alle Fälle, dass sie als Zeitzeugnisse ins Museum oder wenigstens ins Archiv gehören – und nicht in den Container mit Abriss-Müll. Michael Reiner
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