"Seilbahnen sind sexy": So könnte die Zukunft des ÖPNV für Starnberg aussehen
Robert Philipp, der Architekt aus Pöcking, beschäftigt sich mit der Mobilität der Zukunft. Seine Idee, Schiene und Straße besser zu verzahnen sowie eine Seilbahn am Starnberger See zu bauen, gehört zu den ausgewählten Projektideen der Internationalen Bauausstellung (IBA) Metropolregion München.
AZ: Herr Philipp, Ihre Vision von einer Seilbahn am Starnberger See, die es nun in die Projektideen der Internationalen Bauausstellung Metropolregion München, kurz IBA, geschafft hat, ist nicht ganz neu, sondern aus dem Jahr 2019. Sie sehen aber immer noch Potenzial darin. Warum?
Robert Philipp: Mobilität bleibt ein heftiges Thema in München und dem Umland. 2019 war die Tunnel-Frage in Starnberg noch ganz frisch. Ich habe mir damals gedacht: Das kann doch nicht sein, dass man im 21. Jahrhundert noch so ein Projekt macht – ohne Alternativen! Und die Seilbahn-Diskussionen waren zu dieser Zeit aktuell, etwa am Frankfurter Ring.

Diese Seilbahn ist aber mittlerweile nach einer Machbarkeitsstudie ad acta gelegt.
Die ganzen Probleme, die am Frankfurter Ring sichtbar wurden, gäbe es natürlich da draußen auch. Aber ich bin der Meinung: Seilbahnen sind einfach sexy. Wenn ich das ganze System von Anfang an auf Busse getrimmt hätte, würde keiner mehr darüber reden. Auch die IBA nicht. Das Überthema lautet eigentlich: die Stärkung des ÖPNV und die totale Reduzierung des IPNV.
"Wie kommen wir weg vom Auto?"
Können Sie die Eckpunkte Ihrer Idee zusammenfassen?
Damit nicht der ganze Verkehr durch Starnberg durchgeht, würde man vorher am Maxhof-Kreisel die Autos in einem Parkhaus abstellen. Von da aus würde es flott weitergehen zum S-Bahnhof nach Starnberg. Ob letztlich in einer Seilbahn oder in einem Bus ist erst einmal unerheblich. Wer zum Hauptbahnhof München will, könnte dort umsteigen. Weiter könnte eine Seilbahn zur Autobahn rüber nach Schorn führen. Ein Direktbus könnte bis zur Donnersberger Brücke oder zum ZOB fahren.

Es klingt schon ein bisschen durch, dass Sie nicht zu 100 Prozent davon ausgehen, dass die Seilbahn – von Maxhof über Starnberg bis Schorn wären es neun Kilometer – wirklich kommen wird, sondern dass es eher via Busse laufen könnte.
Eigentlich geht es mir darum: Wie kommen wir weg vom Auto? Das ist natürlich ein heiliges Gut. Ich bin auch nicht total gegen Autos, sie haben ihre bequeme und notwendige Seite. Aber wir müssen davon wegkommen, sie als Statussymbol zu sehen und stattdessen mehr als Mittel zum Zweck. Der Öffentliche Nahverkehr muss aus meiner Sicht total begünstigt werden. Ich könnte mir in dem Zusammenhang auch eine Citymaut für Starnberg vorstellen.
Seilbahn-Vorschlag: "Es kam null Reaktion"
Es geht also letztlich darum, das Auto frühzeitig stehenzulassen.
Auf dem Land wird man auf lange Sicht das Auto zwar noch brauchen. Aber in Richtung München kann man auf den ÖPNV umstellen – entweder über die Straße oder die S-Bahn. Beide Systeme sind schon jetzt an ihrer Kapazitätsgrenze angekommen. Man müsste daher beide zusammen denken.

Was erwarten Sie sich von der Internationalen Bauausstellung? Aufmerksamkeit?
Auch, ja. Es sind einige interessante Projekte dabei, die sich mit einer anderen Art von Mobilität beschäftigen. Wir werden uns um Mobilität kümmern müssen, auch ins Oberland rein. Ich glaube, diese Frage kann nicht hoch genug bewertet werden. Man könnte den ÖPNV in Zukunft mit neuen Ideen so attraktiv machen, dass nicht jeder über die wieder ausgefallene S-Bahn schimpfen muss.
Gab es schon Kontakt zur Kommune oder dem Landkreis, um sich über Ihre Vision auszutauschen?
Ich habe es ihnen geschickt, aber es kam null Reaktion. Natürlich können einige sagen: So ein g'spinnerts Ding mit den Seilbahnen – was denkt sich der. Aber man ist im Gespräch.
Kommen wir noch zu den Kosten. 2019 gingen Sie insgesamt von 150 Millionen Euro aus. Mittlerweile ist vieles teurer geworden. Steht die Zahl noch?
Es könnten nun auch 200 Millionen Euro sein. Was sicher ist: Der Tunnel, der damals 250 beziehungsweise 320 Millionen Euro gekostet hätte, ist jetzt schon mindestens bei 600 Millionen – und bis der in zehn Jahren fertig ist, kostet er wahrscheinlich eine Milliarde – wenn er denn überhaupt gebaut wird. Mit dem Geld könnte man es auch irgendwie anders versuchen.
"Ich scheiß’ ma nix"
Sollte man Mobilität für die Zukunft also mutiger denken?
Ja.
Und Sie haben Mut?
Ich scheiß’ ma nix (lacht). Ich bin Planer, Architekt und Energieberater und kann Themen breiter denken.
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