Riesenüberraschung im Hanna-Prozess: Jetzt kommt die Münchner Star-Anwältin
Traunstein/Aschau - Mit der Star-Anwältin Regina Rick aus München hat die Familie des Angeklagten Sebastian T. (21) die Verteidiger-Riege im Mordfall Hanna ergänzt. Rick hat im Strafprozess um den "Badewannen-Mord" in Rottach-Egern ein Wiederaufnahmeverfahren und kürzlich den Freispruch des Verurteilten erreicht (AZ berichtete).
Der Auszubildende soll Hanna (23) am 3. Oktober 2022 beim nächtlichen Joggen kurz nach zwei Uhr auf dem Heimweg zu ihrem 900 Meter entfernten Elternhaus aus sexuellem Interesse verfolgt haben. Die Staatsanwälte Wolfgang Fiedler und Florian Jeserer legen dem 21-Jährigen Mord aus Heimtücke zur Last.
Mordfall Hanna: Angeklagter schweigt im Prozess bisher
Der Angeklagte schwieg bisher an allen Verhandlungstagen. Mit seinen Pflichtverteidigern aus Rosenheim, Harald Baumgärtl und Markus Frank, redet er nicht, wie es vonseiten des Gerichts hieß. Die Anwälte gaben bis dato keine Erklärung ab zur eventuellen Rolle ihres Mandanten bei dem Verbrechen und beschränkten sich darauf, die Zeugenaussagen kritisch zu hinterfragen.
Über die Gründe, warum die Familie des Angeklagten ihrerseits Strafverteidigerin Regina Rick beauftragt hat, war am Donnerstag nichts zu erfahren. Der Anwältin widmete die "Süddeutsche Zeitung" kürzlich ein Porträt anlässlich einer Auszeichnung mit einem Ehrenpreis der "Arbeitsgemeinschaft Strafrecht im Deutschen Anwaltsverein".
Der Preis geht an Personen, die "einen herausragenden Beitrag zur Förderung einer unabhängigen, uneingeschränkten und wirksamen Strafverteidigung" geleistet haben, wie die SZ schrieb. Rick sammelte zuletzt Schlagzeilen mit dem "Badewannen-Mord". Sie hatte sich zehn Jahre für die Wiederaufnahme des Verfahrens eingesetzt. Letztlich wurde Manfred G. im Juli 2023 freigesprochen - nach über 13 Jahren im Gefängnis.
Anwältin Rick erregt immer wieder Aufmerksamkeit
Aufsehen erregte Rick auch zusammen mit einem Ingolstädter Kollegen im Kriminalfall um einen verschwundenen Landwirt, der getötet, zerstückelt und an Tiere verfüttert worden sein sollte. Die Ehefrau, zwei Töchter und der Freund von einer der jungen Frauen erhielten hohe Haftstrafen.
Jahre später wurde der Wagen mit der unzerteilten skelettierten Leiche des Bauern aus der Donau geborgen. Die vier ursprünglich Verdächtigten wurden 2011 freigesprochen.
Vor der Zweiten Jugendkammer in Traunstein wurde am Donnerstag auf Frage der Staatsanwaltschaft deutlich, dass nicht nur die neue Verteidigerin, sondern auch eine der jetzigen Ermittlerinnen von der Kripo Rosenheim mit dem "Badewannen-Mord" befasst waren.
Augenzeugen des Verbrechens an Hanna und Genspuren vom Angeklagten, der erst Wochen nach dem Verbrechen vorläufig festgenommen wurde, existieren nicht. Deshalb kommt in dem Indizienprozess Randzeugen und deren Glaubwürdigkeit große Bedeutung zu.
Tatnacht soll mit Hilfe von Handydaten und Bewegungsprofilen aufgehellt werden
Die wohl einzigen richtigen Freunde des 21-Jährigen waren eine gleichaltrige frühere Schulkameradin aus Traunstein und deren 18-jährige Schwester. Ihnen - sowie einem Mitgefangenen während der U-Haft in der JVA Traunstein - soll der Angeklagte die Tat an Hanna in Aschau gestanden haben.
Bei zwei Vernehmungen vor Gericht wich die 21-Jährige allerdings in einigen Punkten von früheren Aussagen bei der Polizei ab. Anhand von Zeugen aus ihrem Bekanntenkreis versucht die Kammer deshalb, sich ein Bild über die Schwestern und die Zuverlässigkeit ihrer Angaben zu bilden.
Das Geschehen in der Tatnacht will das Gericht unter anderem mit Hilfe von Handydaten und Bewegungsprofilen aufhellen. Die Laufuhr des Angeklagten zeigte zwischen dem 28. September und 7. Oktober 2022 keine Aufzeichnungen, aber auch keine Hinweise auf Manipulationen. Suchbegriffe des 21-Jährigen in seinem separaten Surfhandy waren "Vergewaltigung", "Entführung", "Bruder und Schwester", "gezwungen zum Sex" und "Kidnapper". Auf seinem zweiten Handy war eine fast nackte Bekannte auf ihrem Bett erkennbar.