Restaurator am Werk: Straubinger Medusa wird wieder zu Madonna
Straubing - Ein Restaurator aus Neuss in Nordrhein-Westfalen hilft einer niederbayerischen Kirchengemeinde: "Ich bin der, der die Madonna vom Schicksal der Medusa erlöst", sagt Marcel Offermann.
Rückblick: Ein Polizist hatte am 22. Oktober auf dem Weg zum Dienst den abgetrennten Kopf der Madonna vor der Kirche gefunden, dem eine Mund-Nasen-Maske übergezogen worden war.
Im Vorraum der Kirche stieß er auf die umgestürzte und beschädigte Statue. Seitdem wird ermittelt. Ob ein mutwilliges Motiv oder ein Unfall dahintersteckt, könne bisher niemand sagen, so die Polizei.
Im Internet wird der Angriff wild diskutiert
Kopflos ist zurzeit aber nicht nur die Madonna, sondern auch so mancher Eintrag auf der Facebook-Seite des Bistums. Schnelle Vorverurteilungen - in alle Richtungen und gern von anderen Religionen - finden sich da neben tiefer Bestürzung.
Bis März soll jedenfalls die kopflose Madonna restauriert sein. "Ein liebliches Gesicht", urteilt Fachmann Offermann, als er die Statue kürzlich in Straubing abgeholt hat. Von innen nach außen will Offermann die Madonna nun reparieren. "Der Kopf ist in Bestzustand", sagt er - knifflig wäre es erst dann, wenn das Gesicht in 1.000 Teile zersprungen wäre. Zur Stabilität werden Eisenstangen in Kopf und Rumpf getrieben.

Aus einem burgunderroten Karton, ausgelegt mit einem weißen Tuch, blickt der Kopf der Madonna im Pfarrstüberl von St. Jakob dem Restaurator entgegen. Offermann greift gleich beherzt zu. Aus der Mangelwirtschaft zwischen den Weltkriegen entstanden, urteilt er mit einem Blick auf den Kern. Der besteht aus einem Stein-Basalt-Zement-Gemisch. Der Materialwert sei also nicht so hoch einzuschätzen.
Allerdings der ideelle. "Darin liegt der besondere Wert", sagt Pfarrer Johannes Hofmann von St. Jakob. "Weil es eine heilige Sache ist", gehöre es sich, auf die Madonna zu achten. Viele Menschen haben vor ihr in der Jesuitenkirche gebetet, sie wurde einst von der Marianischen Kongregation dort aufgestellt. "Und diese Menschen haben einen Bezug dazu, auch wenn Aufgeklärte diese Madonna vielleicht als kitschig empfinden und es sicherlich auch kostbarere Madonnen gibt."
Nicht kostbar - aber von ideellen Wert
Pfarrer Vasile Florin Reut, der mit seiner rumänisch-orthodoxen Kirchengemeinde "Heilige Konstantin und Helena" Gottesdienste in der Jesuitenkirche feiert, stimmt dem zu. "Alles, was in einer Kirche ist, ist heilig." Die Madonna wurde einst sicher gesegnet und sei viel mehr als Zement und Farbe. Besonders habe ihn gefreut, dass jemand einen Tag nach dem Fund der zerstörten Statue Blumen davor niedergelegt hat.
Voller Leidenschaft erzählt Offermann, wie er bei der Restaurierung vorgehen wird, die er kostenlos ausführt. Maßgabe bei jeder seiner Arbeiten sei es, dass man hinterher nichts mehr von der Beschädigung sehen kann. Dafür werden die Übergänge an Hals und Kopftuch mehrmals bei Bedarf modelliert und geschliffen. Farbe, Patina und Finish kommen am Schluss.
Seit 20 Jahren restauriert sein Betrieb Krippen und sakrale Figuren aus dem Erzbistum Köln und darüber hinaus. Josefs- und Marienstatuen seien schon häufiger instandgesetzt worden.
Der Puppendoktor ist bekannt - und eigentlich Sanitäter
Als Puppendoktor ist Offermann bekannt, der einst 999 limitierte Papstpuppen weltweit in 18 Stunden verkauft hat, mit einer Merkel-Puppe in den Medien war und auch Erdogan und Trump als solche verewigt hat. Puppendoktor zu sein, das ist seine Leidenschaft. Hauptamtlich führt der 50-jährige Rettungssanitäter eine Rettungswache. Von "Patienten" spricht er in beiden Gebieten.
Seine Heimatstadt Neuss ist bekannt für ihr großes Schützenfest. Zwei seiner Schützenbrüder sind Muslime und waren von der zerstörten Madonna so betroffen, dass sie das Material für die Renovierung spendieren und einer von ihnen schickte auch unentgeltlich einen Mitarbeiter mit Wagen zur Abholung der Statue nach Nordrhein-Westfalen in die Werkstatt von Offermann.
Bis März soll die kopflose Madonna wieder restauriert sein. Eventuell bekommt sie dann einen neuen Platz, "vielleicht sogar eine Grotte", sagt der Straubinger Pfarrer Hofmann. "Allerdings ist noch nichts spruchreif."
- Themen:
- Polizei