Rekordverdächtig: So ist die neue Seilbahn zur Zugspitze

Zugspitze - Dramatische Musik tönt aus dem Lautsprecher, dann bizzelt es wie Sterndlwerfer an Heiligabend vorm Christbaum und dann, ja dann klingt es, als würde ein Ufo in den Weltraum starten. Es ist aber nur die Gondel der nagelneuen "Seilbahn Zugspitze", die soeben mit einer Schar Ehrengäste in den Himmel entschwebt. Sie sind zur feierlichen Eröffnung gestern in die Talstation am Eibsee bei Grainau gekommen.
Während die einen mit 36 Stundenkilometern in acht Minuten und 41 Sekunden nach oben gondeln, bewegt sich unten ganz langsam der Gitterboden von links nach rechts – der Verursacher des Ufo-Geräusches. "Das ist ein sogenannter Schiebebahnsteig, der spart Platz", sagt ein Seilbahnmitarbeiter, als er die verdutzten Gesichter der Wartenden sieht. Ein High-Tech-Ding also, das sich zur jeweiligen Gondel hin bewegt, je nachdem, welche der beiden gerade ins Tal zurückkommt. Diese fahren an jeweils einem Seil immer hin und her.
Die neue Seilbahn bricht alle Rekorde
Die neue "Seilbahn Zugspitze" – Bauzeit: drei Jahre, Kosten: 50 Millionen Euro – ist nicht nur schick und bietet mehr Platz in den Kabinen. Sie bricht auch weltweit alle Rekorde: So hat sie zwischen Tal- und Bergstation nur noch einen einzigen Stützpfeiler. Von diesem aus zur Bergstation überwindet sie die bemerkenswerte Strecke von 3213 Metern.
Zugleich ist der Stützpfeiler mit 127 Metern Höhe der weltweit höchste Stahlträger für Seilbahnen. Der größte Abstand zwischen Gondel und Boden auf der Strecke beträgt übrigens 250 Meter. Noch bemerkenswerter scheint allerdings der Neubau am 2962 Meter hohen Gipfel zu sein: Er wurde vor die bisherige Bergstation gesetzt und steht eigentlich nur auf einer Fläche von etwa fünf mal sechs Metern – obwohl er 35 Meter aus dem Berg herausragt. "Das funktioniert deshalb, weil wir ihn auf der anderen Seite des Gipfels verankert haben", sagt Heiner Bertle, Geologe und einer der Planer des Projekts.
Der Neubau auf der Nordseite ist quasi am Felsen auf der Südseite angehängt – mit einer Zugkraft von 2500 Tonnen. "Als der Schacht dafür gebaut und der Beton eingegossen wurde, habe ich meinen Sohn im Büro zu Hause angerufen, dass er doch bitte nochmal nachrechnen soll", so Bertle. "Ob wir nicht vielleicht doch zu kühn waren mit unserer Idee."
Gäste sind begeistert, doch es gibt auch Kritik
Die Gäste zeigen sich begeistert bei der Eröffnung. "Wenn man hier raufkommt, weiß man, dass man alles richtig gemacht hat", sagt etwa Ski-Legende Christian Neureuther. Er sitzt im Aufsichtsrat der Bayerischen Zugspitzbahn Bergbahn AG (BZB).
Sie hat mit der neuen Bahn die alte Eibseebahn ersetzt, die in fast 55 Jahren auf 1,3 Milliarden zurückgelegten Höhenmetern 21,3 Millionen Gäste befördert hat. Die beiden neuen Kabinen sind nun drei Mal so groß und können je 120 Personen transportieren – das sind pro Stunde bis zu 600. Zu viele für so manchen Kritiker. Peter Huber, Technischer Vorstand der BZB, sieht das anders: "So können wir die Urlaubsmassen kanalisieren – in einen begrenzten Raum mit naturgerechter Infrastruktur. Dadurch werden sie hier nicht so in die Breite gestreut."
Die Rekord-Bahn in Zahlen
Länge der Seilbahn: 4466,90 Meter
Höhendifferenz: 1945,25 Meter
Bergstation: 2943,75 Meter über dem Meeresspiegel
Talstation: 998,50 Meter über dem Meeresspiegel
Fahrgeschwindigkeit: 36 Stundenkilometer, bei der Stützenüberfahrt etwas langsamer
Kabinenkapazität: 120 Fahrgäste plus ein Fahrgastbegleiter
Förderleistung: 580 Personen pro Stunde
Tragseile: Vier mit je 72 Millimetern Durchmesser und einem Gewicht von je 153 Tonnen
Zugseile: Zwei mit 47 bzw. 41 Millimetern Durchmesser und 39 Tonnen bzw. 30 Tonnen Gewicht
Höhe der einzigen Stahlstütze: 127 Meter
Antrieb: In der Talstation zwei Motoren mit je 900 kW Nennleistung
Ticketpreise: 45 Euro für je eine Berg- und Talfahrt inklusive Skipass für die Gletscherbahn; für Familien: Erwachsene je 39,50, Kinder je 21,50 Euro (Winterpreise)
Betrieb: Täglich, je 8.30 Uhr bis 16.45 Uhr
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