Nach mutmaßlicher Zockerei mit Renten-Millionen aus Bayern: Geheimsitzung im Landtag
München - Hinter verschlossenen Türen haben sich am Mittwochmorgen die Abgeordneten aus dem Haushaltsausschuss im Bayerischen Landtag zusammengefunden. Seit Monaten wollen die Parlamentarier aufklären, warum eine Oberbehörde aus Bayern Rentengeld im hohen dreistelligen Millionenbereich über einen Luxemburger Fonds in riskante Immobilienprojekte eines Steuerbetrügers in den USA gesteckt hat.
Eigentlich sollte der Entwickler Michael Shvo in den letzten Jahren mehrere Vorzeigegebäude in den USA mit dem Rentengeld von Ärzten, Apothekern, Architekten, Rechtsanwälten und Schornsteinfegern renovieren.
Manche Gebäude stehen teilweise leer
Davon versprach sich die Bayerische Versorgungskammer (BVK), die geschäftsführende Behörde von insgesamt zwölf Versorgungswerken, offenbar hohe Gewinne. Doch bereits vergangenes Jahr schrieb die BVK stattdessen in der AZ vorliegenden Dokumenten von "entstehenden" Verlusten.
Wie mehrere Zeugen der AZ bestätigen, stehen manche Gebäude teilweise leer und sind in heruntergekommenem Zustand. Ein Immobilienprojekt in Beverly Hills ist auf Eis gelegt worden. In zwei Fällen wird die BVK in New York unter anderem neben einem Frankfurter Fondsbeauftragten und den Immobilienentwicklern auf mehr als 600 Millionen US-Dollar verklagt.
Chefs von Bayerischer Versorgungskammer wurden in den Landtag geladen
Jetzt wurden nach AZ-Informationen der BVK-Vorstandsvorsitzende Axel Uttenreuther und der Vorstand André Heimrich unter Ausschluss der Öffentlichkeit ins Maximilianeum geladen. Auch Vertreter des Innenministeriums waren anwesend. Ihnen obliegt die Rechtsaufsicht.

„Die Informationen, die wir heute bekommen haben, sind ernüchternd und zu wenig“, sagt der haushaltspolitische Sprecher der SPD im Landtag, Volkmar Halbleib, der AZ.
Der Politiker war bereits vor knapp einem halben Jahr im Ausschuss, als der Antrag seiner Parteikollegin Christiane Feichtmeier mehrheitlich angenommen wurde. „Da hohe Verluste drohen, ist dringend ein Bericht des zuständigen Innenministeriums im Landtag erforderlich“, hieß es im Schriftstück der Sozialdemokraten damals.
Landtagsabgeordneter Tim Pargent: "Das kritische Bauchgefühl habe ich immer noch"
„Dafür, dass wir so lang gewartet haben, sind die Informationen jetzt weder vollständig noch umfassend“, so Halbleibs Fazit. Ähnlich sieht das auch Tim Pargent, Finanzexperte der Grünen. „Das kritische Bauchgefühl, das ich vor der Sitzung hatte, habe ich immer noch“, sagt er der AZ.

Pargent stellte bereits 2024 eine parlamentarische Anfrage zu den US-Geschäften. In der Antwort bezog die BVK auf mehrere Fragen keine konkrete Stellung. So schreibt die Oberbehörde unter anderem, dass ihr keine „Investorenwarnung“ von staatlichen Behörden oder öffentlichen Stellen bekannt sei.
Dafür hat ein früherer Geschäftspartner den verantwortlichen Investmentmanager der BVK, Rainer Komenda, allerdings persönlich gewarnt. Die BVK wusste schon damals über Schwierigkeiten im Zusammenhang mit den US-Immobilienprojekten Bescheid.
Außerdem habe Shvo angeblich unstimmige Reisen nach Las Vegas und für ein privates Penthouse in Miami abrechnen wollen. Die Dokumente liegen der AZ vor – doch die Behörde lässt das unerwähnt und erklärt nicht, ob und wie sie reagiert hat.
Geheimsitzung nach Risiko-Geschäften: Was genau dort besprochen wurde
Auch in der Geheimsitzung äußerte sich die BVK dazu nicht weiter, berichten gut informierte Kreise. Obendrein seien mehrmalige Fragen nach Verlusten und Ausfällen grundsätzlich nicht beantwortet worden.
Dafür steht jetzt fest: Das Innenministerium hat zum konkreten Fall keine genaueren Untersuchungen – unter anderem durch ein Gutachten – eingeleitet. Offen blieb auch, wie riskant die Immobilien-Deals waren. Shvo beschrieb sie in einem Interview in den USA 2024 als „Wetten“.
Freie Wähler und CSU wollen keinen schriftlichen Bericht
Eigentlich hätte die BVK nach der Sitzung noch einen schriftlichen Bericht zu den Vorkommnissen vorlegen sollen. Dazu wird es allerdings doch nicht kommen. Freie Wähler und CSU fassten laut AZ-Informationen einen Beschluss. Durch den gibt es keine weiteren schriftlichen Auskünfte.
Damit bleibt die mutmaßliche Zockerei mit Pensionsgeldern im Freistaat vorerst unaufgearbeitet. Der SPD-Politiker Halbleib will allerdings nicht aufgeben und durch schriftliche Nachfragen weiter nachbohren. Zudem will er auf weitere Signale des US-Gerichts warten.
In New York laufen die zwei Verfahren gegen die BVK weiter. Bis Anfang April muss die BVK in New York Stellung beziehen, geht aus wenigen Wochen alten Gerichtsdokumenten hervor. Dann könnte es mehr Klarheit geben.
- Themen:
- Bayerischer Landtag
- CSU
- Freie Wähler
- SPD