Mordversuch? BGH hebt Urteil auf
Ein Lehrling (21) überfuhr seine Freundin und einen Rivalen. Jetzt wird der Prozess neu augerollt - unter anderem wegen hoher Getränkekosten des Mädchens!
NÜRNBERG Ausgerechnet die hohe Getränke-Rechnung in einer Disco-Nacht führte jetzt zur Aufhebung eines Urteils: Weil seine Freundin (damals 18) in dem Lokal „Fun“ in Neunkirchen am Sand (Kreis Nürnberger Land) mit einem anderen Mann (18) schäkerte, passte der eifersüchtige Gärtnerlehrling Herbert W. (21) beide am Heimweg ab. Schäumend vor Wut überfuhr er sie auf dem Parkplatz vor der Disco mit dem Klein-Lkw seines Vaters. Wegen versuchten Mordes wurde der Azubi von der Nürnberger Jugendkammer zu siebeneinhalb Jahren Haft verurteilt. Der Bundesgerichtshof (BGH) hob jetzt in der Revision den Schuldspruch auf.
Mit denkwürdiger Begründung: Anders als die Nürnberger Richter sahen die BGH-Kollegen die übersteigerte Eifersucht von Herbert W. nicht als Mordversuch aus niederen Beweggründen an. Nein, es sei sehr wohl nachvollziehbar, dass der junge Mann aus Eifersucht in Rage geriet. Schließlich habe er nicht nur mitansehen müssen, wie seine Freundin cool herumflirtete: Der Lehrling habe auch noch ihre nicht unerhebliche Zeche bezahlen müssen, die an dem Abend zwei Fünftel seines Minigehalts ausmachte.
Fehlt das Mordmerkmal, kann auch nicht entsprechend verurteilt werden. Die Folge: Der tragische Fall muss deshalb in einem neuen Prozesstermin vor dem Nürnberger Landgericht neu bewertet werden – möglicherweise wird Herbert W. dann wegen versuchten Totschlags zur selben oder einer etwas niedrigeren Strafe verurteilt.
Der Ausraster am Morgen des 1. Februar 2009 hatte schlimme Folgen: Der Wagen überrollte damals das Mädchen sowie den Nebenbuhler und dessen Bekannten. Dieser wurde kurz mitgeschleift, erlitt Prellungen. Die 18-Jährige erlitt Lungenquetschungen, der Rivale Oberschenkel- und Beckenbrüche, hinkt seitdem und musste seine Metzgerlehre abbrechen. cis
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