Memmingen: So qualmen sich die Gäste aus dem Rauchverbot

Wer die Memminger Pilsbar „Treff“ betritt, wird automatisch zum Künstler. Denn „Treff“-Wirt Robert Manz versucht, das rigorose Rauchverbot in bayerischen Gaststätten durch einen ungewöhnlichen Trick zu umgehen.
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Wer die Memminger Pilsbar „Treff“ betritt, wird automatisch zum Künstler. Denn „Treff“-Wirt Robert Manz versucht, das rigorose Rauchverbot in bayerischen Gaststätten durch einen ungewöhnlichen Trick zu umgehen.

MEMMINGEN. Statt einen Raucherclub zu gründen, stützt sich der Wirt auf die Kunst: Das Gesundheitsschutzgesetz sieht Ausnahmen vom Rauchverbot bei „künstlerischen Darbietungen“ vor. So wurden im „Treff“ über Nacht alle Gäste zu Laienschauspielern.

Manz, vor seiner Zeit als Wirt 20 Jahre lang Polizeibeamter, ist sicher, eine Gesetzeslücke ausfindig gemacht zu haben: „Bei künstlerischen Darbietungen ist das Rauchen nach wie vor erlaubt, und nun spielen wir eben alle die Zeit vor dem strengen bayerischen Rauchverbot nach.“

40 Jahre üben für die Rolle

Und so qualmen seine Gäste ungeachtet des strengsten deutschen Rauchverbots weiter vor sich hin – und freuen sich, dass sie plötzlich so viel Aufmerksamkeit erwecken.

Die meisten von ihnen wussten lange Zeit nicht, welche verborgenen Talente in ihnen schlummerten. Ein Gast, der sich als Heinz vorstellt, sagt zum Beispiel, dass er schon über 40 Jahre für diese Rolle übe – und zeigt ein breites Grinsen. Sein Kumpel Willi betont, wenn der Staat die Menschen so gängele, müsse man sich eben etwas einfallen lassen: „Ich spiele den Raucher in Zeiten des noch nicht existierenden Rauchverbots, der Tradition gemäß eine Zigarette rauchend.“

Und ein dünner 20-Jähriger auf dem Stuhl daneben ergänzt: „Ich spiele den Nichtraucher, dem es nichts ausmacht, wenn geraucht wird.“

Politik im Dilemma

Der Memminger Oberbürgermeister Ivo Holzinger (SPD), zugleich Vorsitzender des Rechtsausschusses des Bayerischen Städtetages und Vorstandsmitglied der Kommunalvertretung, steckt in der Zwickmühle. Eigentlich hält er das strikte Rauchverbot in der Gastronomie für überzogen, muss aber über die Einhaltung wachen. „Jetzt ist das Gesetz durch, und ich habe das auch hinzunehmen. Aber ich hätte mir vorstellen können, dass man großzügigere Regelungen so wie in Baden-Württemberg oder anderen Bundesländern zulässt“, sagt er.

Der Rathauschef, der selbst nur gelegentlich eine Zigarre qualmt, beklagt ferner, dass die Kommunen nun das eilig zusammengeschusterte neue Recht umsetzen müssten. So muss Holzinger nun entscheiden, wie er im Fall der rauchenden „Laienschauspieler“ vorgeht. Er könnte das Ordnungsamt beauftragen, ein Bußgeld gegen den Wirt zu verhängen, gegen das dieser Widerspruch beim Amtsgericht einlegen könnte. Die andere Möglichkeit wäre laut Holzinger der Entzug der Gaststättenerlaubnis. In diesem Fall würde der gesamte Komplex seinen Angaben nach „beim Verwaltungsgericht landen“.

Für den Wirt hängt von der Entscheidung viel ab. Denn sollte Manz mit seinen rauchenden Laienschauspielern nicht durchkommen und auch vor Gericht unterliegen, müsste er nach eigenen Angaben die Kneipe dichtmachen.

An "gewisse Modifikationen" denken

Vielleicht braucht er aber auch nur langen Atem. Denn Oberbürgermeister und Städtetag-Rechtsexperte Holzinger signalisiert, sich für Wirte einsetzten zu wollen: „Wenn wir sehen, dass das Gesetz sich wirklich nicht bewährt und ernsthafte Schwierigkeiten für Gaststätten eintreten, dann werden wir das von unserer Seite schon nach oben melden.“ Dann könne man „an gewisse Modifikationen“ denken.

Schließlich gebe es schon genügend Leerstände – da müssten nicht auch noch pleite gegangene Wirte dazukommen. (ddp)

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