Markus Rinderspacher: "Seehofer täuscht die Wähler"

SPD-Landtagsfraktionschef Markus Rinderspacher erhebt im Gespräch mit der AZ Vorwürfe gegen den CSU-Chef und blickt auf die Wahlen voraus. Zudem will er von schlechten Umfragewerten nichts wissen.
von  Gerald Schneider, Markus Lohmüller
Markus Rinderspacher führt die bayerische SPD-Fraktion seit 2009.
Markus Rinderspacher führt die bayerische SPD-Fraktion seit 2009. © dpa

Der 47-Jährige Rinderspacher ist seit 2009 Fraktionschef der SPD im bayerischen Landtag und somit Oppositionsführer.

AZ: Herr Rinderspacher, wo ist der Schulz-Effekt?
Markus Rinderspacher: Wir haben den besten Umfragewert für die Bayern-SPD seit mehr als zehn Jahren, mit 23 Prozent für die Bundestagswahl, während die CSU gut fünf Prozentpunkte verliert. Das spricht dafür, dass sich die Dinge in die richtige Richtung entwickeln. Sollte diese Umfrage Realität werden, steht auch die Spitzenkandidatur von CSU-Chef Horst Seehofer bei der Landtagswahl 2018 infrage. Eine Mehrheit der Bayern hat auch zum Ausdruck gebracht, dass sie die erneute Kandidatur Seehofers nicht begrüßt.

Die SPD in Schleswig-Holstein hat kräftig verloren. Zeichnet sich da nun inzwischen ein Trend für die SPD ab?
Die Wahlniederlage in Kiel ist bitter und enttäuschend. Die Gründe dafür sind ganz unmittelbar in Schleswig-Holstein zu suchen. Dem Ministerpräsidenten ist es nicht gelungen, sich einen Amtsbonus zu erarbeiten. Hinzu kommt, dass er ein unglückliches Interview über sein Privatleben auf der Zielgeraden des Wahlkampfes gegeben hat.

Und wie ist das mit dem Trend? Zwei Landtagswahlen sind verloren gegangen und die Umfragewerte für die SPD insgesamt sind rückläufig.
Das Umfrageniveau ist bundesweit deutlich höher als vor einem halben Jahr, wir haben 16 000 Neumitglieder hinzugewonnen. Nun wird es stärker um die Inhalte gehen. Wir wollen Familien entlasten, durch eine schrittweise Absenkung des Solidaritätszuschlags und den Abbau des Mittelstandbauchs in der Steuerprogression. Wir wollen die Bildung von der Kita bis zur Hochschule kostenfrei stellen. Es geht um bezahlbares Wohnen und um die Unterstützung von Familien, wenn der Traum vom Eigenheim verwirklicht werden soll. Die Gerechtigkeitsfragen des Alltags sind bei der SPD am besten aufgehoben.

Das Thema soziale Gerechtigkeit bearbeitet die Bayern-SPD seit Jahren. Beim Wähler kommt es aber nicht so recht an. Kann es auch an den Themen liegen, dass die SPD in Bayern am Ende doch immer auf der Strecke bleibt?
Die Umfragen sprechen eine andere Sprache und auch in Bayern stellt sich die Gerechtigkeitsfrage. Wenn auf 3.500 Einkommensmillionäre mehr als 1,8 Millionen Menschen unterhalb der Armutsgrenze kommen, muss uns das bekümmern. Wenn ein Arbeiterkind eine siebenfach geringere Chance hat, das Abitur zu machen, als ein Kind aus einer Akademikerfamilie, ist das für die SPD ein Thema.

Derzeit bestimmen Ihre Mitglieder einen neuen Landeschef. Sechs Bewerber sind im Rennen. Wer ist Ihr Favorit?
Ich werde nicht auf der Zielgeraden Nervosität ins Bewerberfeld bringen.

In der CSU herrscht inzwischen Klarheit. Horst Seehofer wird weiterhin Partei- und Regierungschef bleiben. Ist das für die SPD eine gute oder eine schlechte Nachricht?
Ich halte es ja nicht für ausgemacht, dass Seehofer Spitzenkandidat bei der Landtagswahl wird – wenn seine Partei so schlecht abschneidet, wie es die letzte Umfrage prognostiziert hat. Ich werfe Seehofer auch eine Wählertäuschung vor. Er hat sich nicht erklärt, dass er für eine volle Legislaturperiode in der Landespolitik zur Verfügung steht. Eine Kandidatur nur anzustreben, um einen jüngeren Minister zu verhindern, ist kein hinreichendes Motiv. Seehofer hat auch nicht klar gemacht, wohin er mit dem Land will. Er hat seine Amtsmüdigkeit zuletzt geradezu zelebriert.

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