Kostenexplosion beim Führerschein: Wie viel sollte er in Bayern wirklich kosten?

Der Führerschein in Deutschland wird immer teurer. Wer talentiert ist oder bereits etwas üben konnte, schafft es laut ADAC mit 15 Fahrstunden. Das kostet rund 2500 Euro.
Bei den durchaus üblichen 25 Fahrstunden werden bereits 4500 Euro fällig. In Bayern müssen Jugendliche noch ein paar Hundert Euro mehr drauflegen. Damit müssen Fahrschüler heute stolze 38 Prozent mehr einplanen als noch vor fünf Jahren. Das ist für die meisten jungen Menschen kaum bezahlbar.
Die Fraktionen stimmen einem CSU-Antrag zu
Der CSU und den Freien Wählern im Bayerischen Landtag sind diese Kosten zu hoch. „Autofahren darf kein Luxusgut werden“, sagt CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek. „Wenn die Kosten des Führerscheins weiter steigen, müssen wir neue Möglichkeiten prüfen, dem entgegenzuwirken.“

Diese Ansicht teilten auch die anderen Fraktionen im Landtag - und stimmten einem entsprechenden CSU-Antrag geschlossen zu.
Das Innenministerium gibt sich zurückhaltend
Die Staatsregierung wird darin aufgefordert, dem Landtag über Ergebnisse und geeignete Maßnahmen zur Vereinfachung und Kostensenkung zu berichten. Gelingen soll das unter anderem durch Digitalisierung und gezielte Unterstützung von Fahrschulen, Dekra, Tüv und anderen Anbietern.
Man will auch wissen, „ob wirklich 1200 Prüfungsfragen – und damit weit mehr als früher – notwendig sind“.
Welche Ideen das Innenministerium in Bayern dazu bereits entwickelt hat, beantwortete ein Sprecher von Joachim Herrmann (CSU) auf Anfrage der AZ nicht - obwohl der Beschluss bereits Anfang des Jahres gefasst wurde. Der Betrieb von Fahrschulen sei privatrechtlich organisiert und folge „den Regeln des Marktes“, erklärt der Sprecher. Die Führerscheinkosten hingen auch vom „Talent“ der Fahrschülerinnen und Fahrschüler ab. Alles Weitere sei Bundesrecht.
Im Koalitionsvertrag der schwarz-roten Bundesregierung heißt es zumindest: „Unter Wahrung hoher Standards wird die Fahrausbildung reformiert, um den Führerscheinerwerb bezahlbarer zu machen.“
Von SPD bis AfD: Diese Ideen haben die anderen Parteien
Im Landtag gibt es fraktionsübergreifend viele Ideen, wie der Führerschein günstiger werden könnte. Die SPD-Fraktion will es über Zuschüsse regeln. Sie schlägt einen „Mobilitätspass“ in Höhe von 500 Euro für Führerscheinkosten vor.

„Auch sollen Arbeitgeber die Möglichkeit haben, einen Führerscheinzuschuss von bis zu 1000 Euro steuer- und abgabenfrei an Auszubildende und junge Beschäftigte auszuzahlen“, sagt Fraktionsvorsitzender Holger Grießhammer der AZ.
Die Grünen wollen nicht nur Autoführerscheine, sondern auch die für Lastwagen und Busse verbilligen. „Da diese ebenfalls extrem teuer und aufwendig sind, finden Bus- und Lkw-Unternehmen kaum mehr Personal“, sagt Markus Büchler, Mobilitätssprecher der Grünen im Landtag.
Die AfD fordert, der Freistaat solle Fahranfängern Gebühren für die Ausstellung des ersten Führerscheins erlassen und für Auszubildende mit besonders guten Leistungen die Führerscheinkosten übernehmen.
Der AfD-Abgeordnete Markus Striedl fordert daneben, die Möglichkeit des begleiteten Fahrens für Minderjährige ab 17 Jahren auszuweiten.
So denkt der ADAC darüber
Ganz so weit möchte der ADAC in Deutschland nicht gehen. Der Automobilclub spricht sich jedoch dafür aus, das Mindestalter für die Führerscheinanmeldung auf 16 Jahre zu senken, damit die Ausbildung pünktlich zum 17. Geburtstag abgeschlossen werden kann.

Auch die Ausweitung des digitalen Theorieunterrichts und der Einsatz von Fahrsimulatoren seien ohne Qualitätseinbußen möglich. „Für eine Reduzierung der Kosten müsste auch eine Testfahrt zur Schaltkompetenz auf einem Simulator zugelassen werden“, erklärt eine Sprecherin.
Deutlich weniger junge Menschen machen die Prüfung
Aber sind es wirklich nur die Kosten, die junge Menschen vom Führerscheinerwerb abhalten? Laut Statista besitzen nur noch rund 41 Prozent der 17- bis 20-Jährigen in Deutschland eine Fahrerlaubnis. 2012 waren es noch 55 Prozent.

Ja, meint Philipp Seitz, Präsident des Bayerischen Jugendrings. „Auch wenn das Auto für junge Menschen als Statussymbol immer weniger Bedeutung hat, bleibt es insbesondere in ländlichen Regionen ein wichtiges Mittel, um am sozialen und kulturellen Leben teilhaben zu können.“
Eine Gruppe will sich nicht dazu äußern
Der Soziologe Dieter Frey von der Uni München sieht das kritischer. Er glaubt, dass neben den hohen Kosten und der schwierigen Parkplatzsuche auch die bessere Mobilität durch Lastenfahrräder, E-Bikes und E-Roller dazu führt, dass sich weniger Jugendliche für einen Führerschein entscheiden.
Interessant ist, wer sich zu diesem Thema - auch auf mehrfache Nachfrage - nicht äußern möchte: der deutsche und der bayerische Fahrlehrerverband.