Korruptionsprozess: Streit um Dauer des Verfahrens

Regensburgs Oberbürgermeister Wolbergs ist suspendiert und steht zum zweiten Mal in einem Mammutverfahren vor Gericht. Er kämpft um seine Rückkehr ins Rathaus und setzt auf die Kommunalwahl. Die Chancen, dass der Prozess bis dahin abgeschlossen ist, stehen schlecht.
von  dpa

Regensburg (dpa/lby) - Im Regensburger Korruptionsprozess hat es am Donnerstag einen heftigen Streit um die Dauer des Verfahrens gegeben. Mit seiner Andeutung, der Prozess könnte bis Juli dauern, brachte der Vorsitzende Richter Georg Kimmerl den angeklagten und suspendierten Oberbürgermeister Joachim Wolbergs und dessen Verteidiger Peter Witting in Rage. Seit vier Jahren werde er von der Staatsanwaltschaft gejagt, das Verfahren sei künstlich aufgespalten worden, empörte er sich Prozessbeobachtern zufolge.

Wolbergs dringt auf ein rasches Ende des Verfahrens. Nach einer Pause teilte Kimmerl mit, das Gericht bemühe sich, den Prozess bis Ende April zum Abschluss zu bringen.

Für Wolbergs steht mit dem Urteil auch seine berufliche Zukunft auf dem Spiel. Seit seiner sechswöchigen Untersuchungshaft Anfang 2017 ist er suspendiert. Dennoch tritt der 48-Jährige am 15. März zur Wiederwahl als OB an. Eine mögliche Stichwahl würde am 29. März stattfinden. Der Amtsantritt eines neu gewählten Oberbürgermeisters wäre am 1. Mai. Bislang sind in dem Korruptionsprozess bis 13. Mai Verhandlungstage terminiert.

Sollten die Regensburger Wolbergs erneut zum Rathauschef machen, müsste dessen Suspendierung aufgehoben werden, damit er sein Amt wieder ausüben darf. Bei der Kommunalwahl 2014 hatte er - damals noch für die SPD, aus der er im Sommer 2019 ausgetreten ist - mehr als 70 Prozent der Stimmen erhalten. Nun tritt er für die Wählervereinigung "Brücke" an.

Ein Sprecher der Landesanwaltschaft in München teilte mit, die Voraussetzungen für die vorläufige Dienstenthebung Wolbergs' seien bereits mehrfach überprüft und deren Vorliegen bejaht worden. Zum selben Ergebnis seien das Verwaltungsgericht Regensburg und in zweiter Instanz der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in München gekommen. Wolbergs hatte nach dem Urteil im ersten Korruptionsprozess vergangenen Juli eine Aufhebung der Suspendierung gefordert.

Die Vorstellung, das Verfahren könnte sich bis Juli hinziehen, brachte Wolbergs auf die Palme. Die Staatsanwaltschaft sei "wie von der Tarantel gestochen" gewesen. Daraufhin echauffierte sich die Staatsanwaltschaft, und der Richter mahnte Wolbergs, "das mit der Tarantel" könne er so nicht sagen.

Auch Verteidiger Witting machte seinem Ärger Luft und verließ empört den Saal, nachdem der Richter eine Pause ankündigte, damit sich die Gemüter beruhigen könnten. Seit Monaten schon beklagen Wolbergs und Witting die Verfahrensdauer. Diese hängt auch mit dem Richter-Mangel am Regensburger Landgericht zusammen. So sitzen zwei der Richter aus dem Wolbergs-Prozess auch im Prozess um den angeblichen Wahlbetrug in der niederbayerischen Stadt Geiselhöring auf der Richterbank. Die Prozesstage finden also abwechselnd statt.

Die Staatsanwaltschaft wirft Wolbergs vor, er habe sich im Kommunalwahlkampf 2014 von Bauunternehmern mit Parteispenden bestechen lassen. Mit ihm sitzt zurzeit noch ein Bauunternehmer auf der Anklagebank. Die Männer weisen die Vorwürfe zurück.

Das Verfahren gegen einen zweiten Bauunternehmer hatte das Gericht vor einigen Wochen gegen eine Geldauflage eingestellt. Das Verfahren gegen den dritten Investor wurde jüngst abgetrennt und sollte gesondert zum Abschluss gebracht werden. Ein Urteil ist für Freitag (21. Februar) vorgesehen.

In einem ersten Prozess war Wolbergs im Juli 2019 in zwei Fällen wegen Vorteilsannahme verurteilt und von sämtlichen weiteren Anklagepunkten freigesprochen worden.

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