Knast: Häftlinge seilen sich mit Bettlaken ab

Einer ist noch auf der Flucht. Kritik von der SPD am Personalstand in der Nürnberger JVA
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Die Häftlinge liefen übers Dach zur vorderen Ecke und seilten sich zum Parkplatz ab.
B. Meyer Die Häftlinge liefen übers Dach zur vorderen Ecke und seilten sich zum Parkplatz ab.

Einer ist noch auf der Flucht. Kritik von der SPD am Personalstand in der Nürnberger JVA

NÜRNBERG Mit einem Klassiker sind zwei Häftlinge aus dem Nürnberger Knast in der Mannertstraße geflüchtet: Sie seilten sich an Bettlaken ab!

Erst im Mai büxte ein Albaner (26) aus. Auch er wählte – wie die beiden Polen (30, 37) in der Nacht zum Montag – den Weg übers Dach des 1901 errichteten Gebäudes. Der Albaner wurde erwischt. Nach dem Vorfall sollte das Gefängnis sicherer werden – doch die Arbeiten dazu dauern noch an.

Diese Sicherheitslücke nutzten die Polen: In ihrer Zelle im zweiten Stock hackten sie mit einem Schraubenzieher – wohl aus der Gefängniswerkstatt – ein Loch in die Sperrholzdecke. Dann krochen sie über die WC-Kabinen in den Dachboden. Auf dem Dach schoben sie Ziegel weg, balancierten etwa 50 Meter auf dem Dach entlang bis zur Ecke des Gebäudes, in dem die Ermittlungsrichter arbeiten. Die auseinander gerissenen und verknoteten Laken banden sie ans Schneefanggitter. Dann seilten sie sich ab. Selbst eine Rolle Stacheldraht hinderte sie nicht.

Der zweite Ausbruch des Jahres sorgt für Wirbel

Punkt 3.15 Uhr erfasste die Kamera die Ausbrecher, der Alarm ging los. Der Ältere – er saß wegen Vergewaltigung – wurde geschnappt. Der Jüngere – ein Einbrecher – ist noch auf der Flucht.

Der zweite Ausbruch in diesem Jahr ruft Horst Arnold auf den Plan. Der SPD-Landtagsabgeordnete ist Vize-Vorsitzender des Gefängnisbeirats. Er kritisiert die Personalsituation in der JVA: Ein „Sommerloch“ habe die Flucht aus der U-Haft ermöglicht. So würden höchstens vier JVA-Bedienstete auf bis zu 180 U-Häftlinge aufpassen. „Der Personalschlüssel ist nahezu unerträglich“, so Arnold. Bestürzt zeigt er sich über den Umstand, dass am Wochenende Kontrollgänge nur von einem JVA-Angestellten ohne Eigensicherung durchgeführt werden. Die Ausbrecher hätten mit dem Schraubenzieher auch Menschen verletzen können.

Der Vertreter des Anstaltsleiters weist die Vorwürfe zurück: „Wir haben im Sommer wie im Winter den gleichen Personalstand. Der Ausbruch wurde nicht begünstigt, weil wir zu wenig Leute haben. Sondern weil Technik und Bau veraltet sind.“ Theoretisch hätte bei täglichen Zellenkontrollen das Loch in der Decke entdeckt werden können. „Aber ob die Bediensteten das Loch wirklich gesehen hätten, ist eine andere Frage.“

Außerdem stimme Arnolds Personalschlüssel nicht. Genaue Zahlen will der JVA-Mann nicht nennen. Gleichwohl seien Beamte bewaffnet, allerdings nicht überall im Knast. Dazu sei die Gefahr der Entwaffnung durch die Gefangenen zu groß. S. Will

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