Kampf ums Wasser: Wenn Konzerne in Bayern Quellen kaufen

Das wertvolle Gut wird knapper – auch in Bayern. Aldi Nord hat deshalb zuletzt die Altmühltaler Mineralbrunnen gekauft, um weiter "verlässlicher Grundversorger" sein zu können. "Geschäftemacherei", meint Grünen-Sprecher Christian Hierneis – und kritisiert auch die Regierung.
Leonie Fuchs |
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Unternehmen wie Aldi Nord und Red Bull haben zuletzt Mineralwasserhersteller gekauft. Doch die Entnahme von Wasser durch Konzerne sei unethisch, sagt Christian Hierneis, umweltpolitischer Sprecher der Grünen im bayerischen Landtag.
Unternehmen wie Aldi Nord und Red Bull haben zuletzt Mineralwasserhersteller gekauft. Doch die Entnahme von Wasser durch Konzerne sei unethisch, sagt Christian Hierneis, umweltpolitischer Sprecher der Grünen im bayerischen Landtag. © imago images / Panthermedia

"Ohne Wasser kein Leben", sagt Christian Hierneis, umweltpolitischer Sprecher der Grünen im Bayerischen Landtag und Vorsitzender der Bund-Naturschutz-Kreisgruppe München, der AZ. Die Ressource ist wichtig für Mensch und Natur: "Wir brauchen das Gut in Form von sauberem Trinkwasser, zum Anbau unserer Nahrung und gleichzeitig, um die Biodiversität in der Natur zu erhalten."

Christian Hierneis
Christian Hierneis © Colin Oliver

Doch der Klimawandel – mit seinen langen Trockenperioden – lässt Grundwasser schwinden, auch in Bayern. Konzerne wie Aldi Nord wappnen sich – und kaufen Mineralwasserhersteller.

Drohen Verteilungskämpfe?

Das Bundeskartellamt hatte Aldi Nord im Dezember grünes Licht für den Erwerb der Altmühltaler Mineralbrunnen GmbH – einen großen deutschen Mineralwasserhersteller – gegeben. Als Grund für den Kauf der Abfüllanlagen unter anderem im bayerischen Treuchtlingen gab der Discounter an, auch in Zukunft "verlässlicher Grundversorger" sein zu wollen. Bei den Treuchtlingern sorgte dies für Unmut – und Sorgen um ihr Grundwasser. Auch Firmen wie Red Bull und Rauch Fruchtsäfte haben schon Mineralwasserbrunnen hierzulande erworben.

Ebenso gab es um den Mineralwasserhersteller Adelholzener Alpenquellen zuletzt Aufregung: Denn das Unternehmen füllt in Bergen im Chiemgau Tiefengrundwasser ab. Auch dort befürchten die Bewohner, dass ihnen deshalb bald das Trinkwasser ausgehen könnte.

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Ist der Kauf durch Konzerne wirklich für die Grundversorgung notwendig? Nein, meint Hierneis. Dies sei "reine Geschäftemacherei". "In München kosten 1.000 Liter Leitungswasser 1,70 Euro. Im Handel bekommen Sie für denselben Preis nur maximal zehn Liter Mineralwasser", rechnet der Naturschützer vor. Das Gut stamme jedoch aus denselben Quellen wie unser Leitungswasser, werde von denselben Brunnen – oft kostenlos, da in Bayern kein Wasserentnahmeentgelt erhoben wird – abgeschöpft. Dann werde es, teils gesprudelt, in Kunststoffflaschen abgefüllt und von dort bundesweit und im Ausland an Supermärkte geliefert.

In Bayern wird kein Wasserentnahmeentgelt erhoben 

"Muss das sein?", fragt der Umweltexperte. "Müssen wir wertvolles Grundwasser, das wir zum Trinken und zur Bewässerung der Landwirtschaft brauchen, überhaupt in Flaschen abfüllen?" Durch das Abzapfen sinke der Grundwasserspiegel deutlich. "Jede Wasserentnahme, die nicht lebensnotwendig ist, ist eine zu viel."

Für die Trinkwasserversorgung in Bayern ist der Freistaat selbst sowie die Wasserwirtschaftsämter der Kommunen zuständig. Die Entnahme von Wasser durch Konzerne für wirtschaftliche Zwecke hingegen, sei unethisch: "Wasser gehört uns allen! Es ist nicht gerecht, dass Konzerne teils unentgeltlich Wasser abpumpen und damit Profit machen können", so Hierneis. Deshalb fordern die Grünen in Bayern auch den Wassercent (s. unten).

"Die Regierung weiß nicht, wie es ums Grundwasser steht"

Zudem steige durch schrumpfende Wasserpegel die Gefahr von Verteilungskämpfen – zwischen Discountern, öffentlichen Versorgern, Landwirtschaft und Industrie. "Schon jetzt gibt es Gemeinden in Bayern, die im Sommer Wassernot leiden." Die Grünen hätten es bei der Staatsregierung abgefragt, doch diese habe "keine Ahnung, wie die genaue Grundwassersituation in Bayern eigentlich ist", kritisiert Hierneis. Es werde so getan, als ob die Ressource unendlich zur Verfügung steht. "Wenn wir so weiter machen, haben wir in spätestens zehn, 20 Jahren bayernweit massive Wasserprobleme."

Umweltminister: Thema Wasserversorgung hat oberste Priorität

Das Thema Wasserversorgung habe oberste Priorität, teilt Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) auf AZ-Anfrage mit. Trotzdem sei "noch Luft nach oben".

Mit der Strategie "Wasserzukunft Bayern 2050" arbeite der Freistaat daran, die Versorgung "weiterhin dauerhaft" sicherzustellen. Ein Überblick zur Wassersituation sei zudem auf der Webseite des Niedrigwasser-Informationsdienstes einsehbar, darauf verweist ein Ministeriumssprecher. Bei einem Blick auf die Online-Karte stellt man fest: Rund um München sind die Grundwasserstände als "sehr niedrig" vermerkt.

Grüne wollen Konzerne zur Kasse bitten

Um dem Wassermangel vorzubeugen, fordern die Grünen unter anderem, dass Konzerne künftig Abgaben für die Entnahme zahlen müssen, dass Grundwasser besser geschützt und Tiefengrundwasser nicht mehr angebohrt wird. Es brauche zudem Überschwemmungs- und Rückhalteflächen als ökologischen Hochwasserschutz. "Solche Überschwemmungsszenen wie im Ahrtal könnten auch in Bayern künftig passieren, wenn nichts unternommen wird", sagt Hierneis.

Und vor allem müsse bei jedem Brunnen geprüft werden, ob das Wasser dort wirklich entbehrlich ist.


Entnahmeentgelt: Wird der Wassercent fällig?

In Bayern wird – im Gegensatz zu anderen Bundesländern – kein Entnahmeentgelt für Leitungswasser kassiert, es kostet dort mit circa 1,70 Euro pro 1.000 Liter verhältnismäßig wenig. Eine Erhöhung von acht bis 20 Cent durch einen "Wassercent", also ein Wasserentnahmeentgelt, sei aufgrund der wirtschaftlichen Lage "vorerst auf unbestimmte Zeit verschoben", sagte Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) kürzlich dem BR. Für die Grünen ein Fehler: "Eine Abgabe von acht Cent würde für den Verbraucher zwischen zwei und fünf Euro Mehrkosten im Jahr bedeuten, das ist wirklich nicht viel", so der umweltpolitische Sprecher Christian Hierneis zur AZ. Die Einnahmen könnten wiederum verwendet werden, um Grundwasservorräte zu füllen und das Wasser zu schützen, sagt er.

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2 Kommentare
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  • Der wahre tscharlie am 31.01.2023 17:53 Uhr / Bewertung:

    Den Konzernen geht es doch nur um Gewinnmaximierung und die "Kontrolle" über das Wasser.
    Wir sollen denen das Wasser abkaufen.
    Dazu gibts genug Negativ-Beispiele.
    In Vittel ist der Grundwasserspiegel drastisch gesunken. Siehe auch, "Wasser - Wie der Großkonzern Nestlé eine Stadt austrocknet"
    Nestle pumpt in Afrika Wasser ab, reinigt es und verkauft es als "Nestle Pure Life".
    Und das in einem Kontinent, der teilweise von jahrelangen Dürrekatastrophen betroffen ist.

    Wasser ist ein Überlebensgut für alle Menschen, und sollte nicht irgendwelchen Konzernen gehören.

  • Therapeut am 31.01.2023 14:32 Uhr / Bewertung:

    Wasser ist wohl (neben der Atemluft) das elementarste Gut auf unserem Planeten, das allen Menschen gleichermaßen zusteht.
    Konzerne, die sich Quellen aneignen wollen, denken selbstverständlich kurz- und mittelfristig an hohe Gewinne, also Geschäftemacherei, wie u.a. die Zahlenbeispiele von Hierneis zeigen.
    In Hinblick auf global zunehmende Wasserknappheit geht es diesen Konzernen langfristig ausschließlich um astronomische Gewinne und Macht. Die samariterhafte Phrase der "Grundversorgung" grenzt dabei an Zynismus.

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